Heute zeige ich eine neue Bluse aus einem Stoff, den ich vor einigen Jahren in Frankreich gekauft habe. Es war so ein „Coup de Coer“-Ding, Liebe auf den ersten Blick. Weil der trainierte Näh-Nerd immer im Kopf hat, wieviel Stoff sie für welches Kleidungsstück braucht, waren schnell anderthalb Meter gekauft.
Zugeschnitten habe ich sie dann zum WKSA 2021, passend zu der noch nicht genähten grauen Hose 😉 , aber auch als Kombipartnerin zu der inzwischen fertiggestellten Roten Hose. Passt eindeutig auch zu Rot, würde ich mal sagen.
Der Schnitt ist aus einer alten Ottobre, 2/2006, und ich dachte, ich könnte mit ihm in Serie gehen. Dummerweise hat sich in den letzten anderthalb Jahren meine Figur geändert. Obwohl ich die Nahtzugabe bis zum letzten ausgereizt habe (1,5cm lohnen sich wirklich, da hat man wenigstens ein bisschen Spielraum), ist sie ein bisschen knapp im Rücken. Das sieht man bei den Zugfalten über der Brust, im nächsten Bild wird das noch deutlicher.
Dumm gelaufen, besonders, weil ich vor zwei Jahren diverse Schnitte auskopiert habe, die jetzt alle mehr oder weniger unbrauchbar sind. Bei den Nähten an der Armkugel gebe ich obendrein immer nur 1cm Nahtzugabe zu, weil sie dann einfacher einzusetzen sind, diese kleine Bequemlichkeit rächt sich jetzt natürlich doppelt. Und selbstverständlich habe ich von dieser Bluse auch schon einen Zwilling zugeschnitten, aktuell überlege ich, ob ich im Rücken eine Art Kellerfalte einsetze, die mir die nötige Bewegungsfreiheit gibt. Vielleicht mit einer Schulterpasse?
Allerdings gefällt mir der Ärmel von Damenblusen generell nicht besonders, denn sie sind eindeutig nicht dazu gemacht, dass die Trägerin sich gut darin bewegen kann. Schon mal in einer Damenbluse ein Buch aus dem obersten Regal geholt? Oder gar geputzt? Für meinen gewünschten Standard-Schnitt werde ich mich wohl mal bei den Männerhemden umsehen und einen geeignete Hybrid konstruieren. Mich stört es definitiv weniger, wenn sich der Stoff unter den Armen faltet, als wenn ich bei der Auswahl der Bluse peinlich genau darauf achten muss, wieviel von meiner Unterwäsche über dem Rock- oder Hosenbund zu sehen sein wird, wenn ich an besagtes oberstes Regal muss. Brustabnäher brauche ich bei lockeren Blusen nicht, soviel ragt nicht da vorne raus, und im Zweifel lässt sich das auch noch dazu konstruieren oder über Längsabnäher im Vorderteil regeln. Meine allerbest-sitzende Kaufbluse ist von einem großen Oberhemdenhersteller, ich nehme mal an, dass die sich ebenfalls an einen Oberhemdenschnitt anlehnt.
So sieht das gute Stück von hinten aus, und da sieht man zum einen den wunderschönen Stoff und zum anderen, dass mein Gesäß auch ein klitzekleines Volumenproblem in der Hose hat. Egal, die enthält genug Elasthan, um immer noch bequem zu sein. Bei der Bluse habe ich die Manschetten übrigens doppelt so lang gemacht, wie vorgesehen, und sie schließen nur mit einem Knopf am Ärmelende. Das habe ich in einer neueren Burda gesehen und fand das hübsch. Den Kragen habe ich auch etwas verkleinert, und im Kragensteg habe ich mein Logo eingestickt.

Kleine Spielerei, aber ich habe vor, das noch ein bisschen auszuweiten, vielleicht als Wasserzeichen für meine Bilder oder in den Header oder so, mal sehen, wieviel Zeit ich übrig haben (also gefühlt in 10 Jahren). Ich glaube, die Innenansicht meiner Kragen ist durchaus noch verbesserungsfähig, die Heftfäden sind auch noch drin, tss tss tss.
Kurz noch ein paar Worte zur Hose. Sie ist ein altes Schätzchen aus einem Poly-Stretch-Gabardine von überaus zweifelhafter Qualität. Ich habe sie mir im November 2017 genäht und nach wenigen Wäschen war sie schon total verpillt. Anfangs hat mich das kalt gelassen, aber mit der Zeit wurde das immer schlimmer, so dass ich kurz davor stand, sie wegzutun. Aber dann habe ich mir doch noch einmal die Zeit genommen, und bin den Kötchen mit Rasierer und Fusselrolle zu Leibe gerückt.


Vorher/nachher: hat sich gelohnt. (das „nachher“-Bild hat bei der Bearbeitung etwas an Schärfe verloren, aber man sieht den Unterschied immer noch. Und ich kann ihn spüren, wunderbar glatt fühlt es sich an). Hose gerettet. Sie ist eine meiner liebsten Tuchhosen, weil sie dank der ganzen Chemie, aus der sie besteht, total bequem ist. Das Gegenstück aus Wollgabardine trage ich nicht einmal halb so oft, was allerdings auch an der merkwürdig gearbeiteten Futterhose liegt, die im Stehen knapp unter dem Knie endet, im Sitzen aber ganz blöd hochkrabbelt, und auch daran, dass sie ein bisschen lose in der Taile ist. Ich sollte wirklich mal den Bund auftrennen und ein Gummiband auf die Nahtzugabe oben nähen. Das habe ich jetzt schon mit ein paar Röcken gemacht, die sich nach ein paar Stunden Tragen geweitet haben, und das hat sich bestens bewährt.
Ein letztes Dankeschön an meine Klavierlehrerin, die als meine Fotografin vor dem Unterricht mit mir zu alten Bahnhof gestiefelt ist. Das Shooting hat viel Spaß gemacht.
Und jetzt gehe ich rüber zum MMM, dem monatlichen Treffen für Nähverrückte. Danke an das Team, das das diese Platform am Leben hält.Ihr seid super.


Ja, tolle Fotolokation, um dein Outfit in Szene zu setzen.
Hättest du nicht auf die kleinen Unzulänglichkeiten hingewiesen, hätte ich nur eine schöne Kombination bewundert.
Aber so ist das eben mit den Ansprüchen, die man als Hobbynäherin hinsichtlich Passform und Stoffqualität entwickelt und am wohlsten fühlt man sich nun mal in Kleidung, die perfekt passt und am besten auch noch wertig ist.
Trotzdem; ich finde dein Outfit sehr hübsch.
LG von Susanne
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Vielen Dank, liebe Susanne.
Ich schätze, man jammert da auf hohem Niveau. Mir ist bei der Schnittbeschreibung immer auch wichtig, zu zeigen, was bei einem Schnitt funktioniert und was nicht, und vor allem, warum das so ist. Ich habe auf diese Weise schon eine Menge hilfreicher Tipps gefunden und so etwas will ich natürlich auch zurück geben.
LG, Stefanie
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Wie schade, daß diese schöne Bluse für Dich unbequem ist, denn der Stoff ist so wunderschön! Kannst Du die schon zugeschnittene andere Bluse vielleicht noch retten, vielleicht einfach in der hinteren Mitte einen Streifen einfügen, oder eine Kellerfalte, wie Du schon vorgeschlagen hast?Ich habe ja mittlerweile die Blusenschnitte mir überschnittener Schulter für mich entdeckt (z.B. das Olya Shirt) die sind nämlich richtig bequem und ich kann mich normal drin bewegen.
Kompliment an Deine Klavierlehrerin, hoffentlich ist ihr Unterricht genau so gut wie ihr Fotografiertalent!
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Liebe Barbara,
Die Bluse ist dank der maximalen Ausreizung der Nahtzugaben ausreichend bequem. Für den bereits zugeschnittenen Zwilling habe ich allerding einen Plan geschmiedet: neue Schulterpasse, damit der Halsausschnitt passt, dann im Rücken eine umgedrehte Kellerfalte und vorne angesetzte Knopfleisten. Im Ärmel einen diskreten Keil am Oberarm und dann sollte sie perfekt sein.
Ich habe tatsächlich schon an überschnittene Schultern gedacht, mein Problem ist nur, dass ich die eigentlich nicht so gerne an mir mag. Deine Bluse habe ich schon auf dem kleinen Link-Foto gesehen und schaue sie mir noch genauer an.
Wenn mein Klavierspiel nach wie vor sehr mäßig ist, liegt das auf keinen Fall an der Lehrerin. Tatsächlich ist das Klavierspiel für mich eher Physiotherapie, die Spaß macht, mit dem erfreulichen Nebenefekt, am Ende auch mal kleine Stücke spielen zu können.
LG, Stefanie
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Ich sehe eine sehr gut passende Bluse und eine sehr gut passende Hose, die prima zusammenpassen. Der Stoff der Bluse ist toll. Dass du bei einer Bluse gerne ein Schnittmuster mit dem Namen „Eierlegendewollmilchsau“ hättest, verstehe ich gut. Leider habe ich außer den bereits genannten Vorschlägen auch keine Idee, wie du die Blusen noch retten könntest.LG
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Das wird schon und so unbequem ist sie ja gar nicht. Für den tollen Stoff würde ich notfalls mehr leiden 😉
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*deiner
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Ohne deine Erklärungen hab ich auch nur eine schöne Bluse gesehen. Die ewige Such nach der perfekten Passform. Von Hinten sieht die Bluse nicht zu eng aus. Vielleicht hilft tatsächlich ein Streifen, aber eher an der Seite. Meiner Erfahrung nach hilft eine Kellerfalte nicht wenn das Kleidungsstück vorne zu eng ist. Der Stoff ist so schön, der darf nicht im Schrank verschwinden. LG Jeanette
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Darum nähen wir doch, oder? Um die für unsere Empfindungen perfekte Passform zu erhalten, die wir in den Läden nicht finden. Und das ist ja bei jedem ein anderer Anspruch, das finde ich so spannend. Aber keine Sorge, ich bin so verliebt in diesen Stoff, dass ich, wenn sie wirklich richtig zu eng werden sollte, irgendwo Streifen und Falten einsetzen werde.
LG, Stefanie
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Die Bluse ist wirklich toll, der SToff mega! Mit Damenblusen sind nach meiner ERfahrung eher wegen eines schmalen Rücken unbequem beim Armheben als wegen der Ärmelweite. Herrenhemden haben aus gutem Grund oft eine Passe und Bewegungsfalten…. LG Kuestensocke
P.S. Bei Deiner Wollhose könntest Du das innenfutter ganz einfach verlängern, hab ich auch schon gemacht – trägt sich viel angenehmer…
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Vielen Dank. Beim Vergleichen mit Herrenhemden ist mir vor allem aufgefallen, dass im Rücken durch die Passe eine Rundung und mehr Länge im Kreuz entsteht. Bei Damenblusen wird das manchmal mit einer Mittelnaht gelöst. Aber die erhöhte Rundung am Ärmel sorgt dafür, dass der Ärmel schön glatt sitzt, wenn der Arm herunterhängt und beim Anheben wird der Stoff gestaucht und es fehlt an Weite im Bereich der Achseln.
Über eine Verlängerung der Futterhose habe ich auch schon nachgedacht, aber ich habe Angst, dass die Naht noch mehr drückt und sich obendrein abzeichnet. Tatsächlich kann ich mit dem Futter besser leben, als mit dem Rutschen am Bund.
LG, Stefanie
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Der Stoff der Bluse ist toll. Und zu klein wirkt die Bluse nicht. Außerdem hast du ja schon Ideen zur Verbesserung eventueller Unzulänglichkeiten. Der Bund der Hose gefällt mir übrigens auch sehr gut von vorne. Und die Fotolocation hat auch was. Vor allem diese tollen Waggons 🙂
LG heike
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Ja, nicht war? Wir hatten echtes Glück, dass die Wagons da waren. Und auch mit dem Licht.
LG, Stefanie
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Auch wir danken deiner Klavierlehrerin für die schönen Bilder.
Ich finde die Bluse wirklich absolut herrlich, aber den Komfort bzw. die Tragbarkeit kann wirklich nur die Trägerin definieren. Vielleicht kannst du sie ja noch mit einem Zwickel in der Achsel verbessern?
Grüße, Tina
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Den Stoff finde ich toll. Ich persönlich finde das Rückenteil rein von den Fotos nicht zu eng, könnte das Problem eher am Vorderteil liegen?
Mir gefällt die Hose sehr gut, sie passt perfekt!
VG
Sandra
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Tolle Fotos! Deine Klavierlehrerin scheint nicht nur etwas von musikalischen, sondern auch von Bildkompositionen zu verstehen. Eine traumhaft schöne Bluse, sowohl der Stoff als auch der klassische Schnitt. Mich persönlich würden daher die Zugfalten nicht stören. Wann stützt man schon mal im Alltag die Hände in die Hüften? Was ich ganz spannend finde, dass Du es mit dem Rücken erklärst. Ich hätte spontan auf Brustbein und Schultern getippt, dass Du dort durch die Kletterwand ordentlich Muskeln bekommen hast. Liebe Grüße Manuela
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