
Ganz so ungestört geht es bei meinem Nähwochenende leider doch nicht zu. Nach einem in die Länge gezogenen Frühstück, mit Fachliteratur anstelle von Fachgesprächen, kam der erste Hilferuf. Das Auto meiner großen Tochter macht beängstigende Geräusche, mit so etwas fährt man nicht auf die Autobahn. Also habe ich die Arme erst einmal angemault und dann habe ich sie zur 40 Minuten entfernten Arbeitsstelle gefahren. Unterwegs noch tanken, schwupps sind eineinhalb Stunden weg.
Dann habe ich mein Arbeitszimmer noch ein bisschen aufgeräumt und die Nähmaschinen gereinigt.

Halb vier, alles ist bereit, auch der Schnitt und der Stoff für’s Probemodell.

Die Anleitung ist gut verständlich, und sollte eigentlich einfach zu nähen sein. Es erweist sich aber als äußerst schwierig, den Zwickel, der für die gute Passform im Schritt verantwortlich ist, einzuzsetzen. Man näht von der Vorderseite, die genauso aussieht, wie man sich als Kind einen Hosenschitt vorstellt. Die gesamte Hose wird nämlich vorne im Stoffbruch zugeschnitten und sämtliche Mehrweite für den Schritt und den Po wird von hinten zugefügt. An das schmale umgedrehte U der Vorderseite soll man dann also die hinten geschlossene und um den Zwickel erweiterte Rückseite nähen. Von der Vorderseite aus.
Dabei hat meine Ovi den Zwickel wunderschön zusammengefaltet und alles umnäht. Auch beim zweiten Versuch mit Massen von Stecknadeln ist mir noch Stoff in die Naht gekrabbelt.

Das beste Ergebnis habe ich erzielt, als ich erst die Naht mit einem 3-fach Geradestich genäht und dann mit einer Overlock auf der Nähmaschine versäubert habe. Dabei habe ich den Stoff zentimeterweise immer wieder glatt gezogen, und dann ging es. Insgesamt habe ich gut 5mm Länge beim Zwickel dabei eingebüßt, und das hat sich vermutlich negativ auf die Passform ausgewirkt.

Inzwischen ist die Probehose fertig und ich bin nicht wirklich zufrieden. Der Probejersey hat die geforderten 60% Elastizität, ist allerdings etwas dünner, als der Haifisch-Jersey.
Von vorne sieht die Hose ganz OK aus, vor allem tritt der gefürchtete „Cameltoe“ nicht auf. Die Seitenansicht offenbart aber, dass ich an der Rückwärtigen Mitte noch einiges an Stoff dazugeben muss. Obwohl ich den Schnitt nach meinem Hüftumfang ausgewählt habe, fehlt da etwas. Da mein Po sehr kräftig ist, ist die hintere Schrittnaht zu kurz. Die Taille fällt hinten ab. Außerdem steht in der Taille der Stoff ab, da muss was weg. Die gestresste Mittelnaht und der helle Glanz auf den Pobacken zeigen an, dass hier der Stoff zu stark gedehnt wird. Ich habe das mal ausgerechnet: Der Schnitt ist 70.5cm breit auf Gesäßhöhe und wird auf 94cm gedehnt. Das sind 33%! Wenn ich von den 94cm Hüftweite ausgehe, sind das 25% negative (Un-)Bequemlichkeitszugabe, das ist selbst für eine Sporthose zuviel. Mein Haifisch-Jersey sieht auch nicht besonders gut aus, wenn er so viel gesdehnt wird, da muss ich unbedingt nachbessern. Im Prinzip müsste ich einen Keil von 7cm Breite in den Schnitt einarbeiten, ich bin nicht sicher, ob das am Ende überzeugend wird. Verlängern muss ich die Hose auch noch, und zwar auf Höhe der Knie, das wird von Jalie auch so angegeben. Meine Beine sind 6cm länger, als vorgesehen, die will ich unbedingt dazugeben, denn bei Kaufhosen habe ich immer Hochwasser, auch ein Grund, meine eigenen Leggins zu nähen.
Ich habe die Probehose kurz unter dem Knie enden lassen, da wird der Stoff nur um 16% gedehnt, das sieht OK aus. Ein paar Stunden hat mein Näh-Abend noch, morgen wird weiter berichtet.