Sommerpost: Making of Paradies Teil 2: Linoldruck , Stempeln und Milchtütendruck

In meinem zweiten Teil des Making Of Paradies geht es im Grunde genommen um ein einziges Druckverfahren: den Hochdruck.

Man schneidet aus einer Druckplatte ein Motiv, wobei man die Stellen, die auf dem Papier weiß bleiben sollen, entfernt. Beim Milchtütendruck werden dabei die Vertiefungen nicht geschnitten, sondern geprägt.

Linoldruck auf Papier habe ich das letzte Mal vor über 35 Jahren in der Schule gemacht. Der Kampf mit den harten, übel riechenden Platten ist mir so gut im Gedächtnis geblieben, dass ich lange Zeit nichts davon wissen wollte. Dann aber wollte ich einen Rock mit Ginkgo-Blättern bedrucken, und entdeckte modernes „Soft-Linoleum“. Dieses Material hat nichts mit Fußbodenbelägen zu tun und lässt sich kinderleicht bearbeiten. Ideal für ein kompliziertes Motiv wie ein Paradiesvogel.pardiesvogelentwuerfeHabe ich bereits erwähnt, das Zeichnen auch nicht gerade zu meinen Talenten gehört? Der Paradiesvogel im linken Bild ist mehr oder weniger zoologisch korrekt aus dem Grzimek abgemalt, als Linoldruck-Vorlage eher ungeeignet. Der Vogel rechts im Bild stammt aus dem Malbuch „Mein verzauberter Garten“ von Johanna Basford. Er gefiel mir besser und war die perfekte Linoldruck-Vorlage. Das ist vielleicht nur Kunsthandwerk, aber zwischen „Kunst“ und „Kunsthandwerk“ differenzieren ohnehin nur die Deutschen.linoldruck-und-stempelschnitzenLinks im Bild sind auch die ersten Stempel aus Stempelgummi, die ich für die Blumenkollage verwendet habe. linolschnitt-testabzugDie ersten Probeabzüge: Ins Buch hat es das freundliche Schwarz geschafft.paradiesvogel

Bevor ich die Seiten für die Paradiesbücher gedruckt habe, habe ich die Milchtütendrucke gemacht. Diese Drucktechnik macht echt Spaß. Es geht schnell und ist echt simpel. Vorlage mit Butterbrotpapier durchzeichnen, spiegelverkehrt mit dem Kuli auf den Milchkarton ( in meinem Fall Pizzatomaten, besseres Format) durchdrücken, fertig. Dann den Karton großzügig mit Linoldruckfarbe einfärben, auf das Papier legen, mit der Kuchenrolle ein paar Mal drüberrollen, und schwuppdiwupp sind 20 gute Wegweiser ins Paradies fertig. wegweiserIch habe eine hohe Anzahl gedruckt, denn Linoldruck und auch der Milchkartondruck sind Risikodrucke. Wobei das Risiko, einen Linoldruck zu verderben, viel höher ist. Ich wollte keinesfalls einen gelungenen Abzug von dem Paradiesvogel mit einem schlechten Milchtütendruck verderben. Beim Stempeln und Druck mit Pflanzen kann man nicht viel falsch machen, daher kamen diese Drucke als letztes dran.

Stempel schneiden aus Stempelgummi ist kinderleicht. Und weil das Material mit 7mm auch recht dick ist, braucht man kleine Stempel nicht einmal auf ein Stück Holz als Träger zu kleben, man kann sie gut mit den Fingern greifen. Wer öfters Stempel schneiden will, sollte aber über gutes Linolschnitt-Werkzeug nachdenken. Das einfache Messer-Set, das ihr oben auf dem Bild seht, stammt aus dem Bastelgeschäft und ist nicht wirklich scharf. Ich habe es mit einem Schleifstein ein bisschen nachgeschärft, aber zumindest für die beiden Klingen, die ich am häufigsten benutzt habe, werde ich wohl in gute Messer investieren. Man kann sie einzeln kaufen, und obwohl sie teurer sind als das ganze Set, ist es vermutlich eine gute Investition, denn diese Messer kann man schärfen (lassen) und dann halten sie sehr lange.tomaten-und-aepfelAuf dieser Doppelseite sind gleich zwei Sorten Paradiesäpfel zu finden.

Die Tomaten sind mit einem Korken gestempelt, das Blatt ist von einer Tomate (wenn schon, denn schon) und die Stiele sind nachträglich dazugemalt. Die Äpfelchen wollte ich ursprünglich mit echten Äpfeln vom Juni-Fruchtfall stempeln, die wurden aber gar nicht schön, daher habe ich einen Stempel geschnitten. Eingefärbt wurde mit roter und gelber Linoldruck-Farbe.

feigenblatt-stempelFeigenblätter, oben links und unten rechts mit dem einfachen Stempelkissen gestempelt, oben rechts und unten links mit Linolfarbe. paradiesgartenHier habe ich bunte Stempelkissen mit Wasserfarben aufgefrischt und die Stängel mit dem Fasermaler gezeichnet.

Als letztes kommen noch die Umschläge:

paradies-briefumschlaege

Die schönsten Stempel liefert uns Mutter Natur. Die feine Äderung eines Salbei-Blattes oder eine filigrane Grasrispe kann man nicht schnitzen. Je fluffiger das Pflanzenmaterial ist, desto gründlicher muss es von allen Seiten mit Farbe berollt werden, denn sonst drehen sich die Blätter auf die ungefärbte Seite und der Druck wird nichts. Ich lege alle Blätter, die ich drucken will, komplett auf das Papier, decke dann alles mit einem sauberen Gefrierbeutel ab und steiche ein paar Mal darüber, um einen guten Abdruck zu erhalten. Dann werden die Blätter herunter gepult und der Druck ist fertig.  Auch diese Technik lässt sich gut auf Textilien anwenden.

Leider habe ich keinen der fertigen Umschläge fotografiert, daher kann man nicht sehen, dass ich beim Drucken ein Rechteck mit einem Steifen Haftnotizzettel maskiert habe (rechter Umschlag), um dann noch einmal das „Paradies“-Schild von dem oberen Foto hineinzustempeln. Mit dem Fasermaler habe ich noch einen Stiel gemacht, auf dem das ganze steht.

Mir hat die Sommerpost viel Spaß gemacht, auch wenn ich den damit verbundenen Zeitaufwand komplett unterschätzt habe. Dass ich vierzehn Tage lang in jeder freien Minute mit schnitzen, Stempeln und Drucken beschäftigt sein würde, hätte ich mir nicht träumen lassen. Den Frauen aus meiner Gruppe ist es ähnlich ergangen, aber ich fühle mich durch die wunderschönen Blätter, die ich erhalten habe, mehr als entschädigt für meine Mühen, vielmehr fühle ich mich reich beschenkt. Wenn die Erntezeit vorbei ist, der Garten im Winterschlaf liegt und meine Garderobe wieder aufgestockt ist, habe ich sicherlich auch die Muße, endlich mein eigenes Buch vom Paradies zu binden.

Alle anderen Beiträge zur Sommerpost sind hier zu finden. Und noch einmal danke an Tabea und Michaela für die Organisation dieser Aktion.

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6 Kommentare

  1. Ganz ganz fein, deine Drucke und Erfahrungen. Und ich habe auch noch deine Seiten bekommen, leider ist mein Buch schon fertig, aber ich überlege sowieso noch eins aus all den Umschlägen und Beigaben zu machen. Liebe Grüße und vielen Dank
    Michaela

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  2. Alle Seiten sehen richtig toll aus, ganz klasse ich ja der große Linolstempel!
    .. und mit der ausführlichen Beschreibung der ganzen Arbeitsprozesse hast du Vielen sicherlich gut helfen können. LG Ulrike

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