Jetzt ist die Sommerpost zu Ende, die meistenen Teilnehmerinnen haben ihre Büchlein gebunden und präsentiert, das Link-Tool schließt in wenigen Stunden. Mein Büchlein ist weit davon entfernt, in absehbarer Zeit gebunden zu werden, aber das lange angekündigten „Making Of“ der diesjährigen Sommerpost will ich zumindest noch schreiben.
Die Aufgabenstellung war, zwei Blätter mit insgesammt 4 Doppelseiten zum Thema Paradies zu drucken. Drucktechnik war beliebig, das Ziel war es, diese Blätter dann zu einem Buch mit koptischer bindung zu binden. Die Seiten werden also beliebig gemischt und daher habe ich sofort 8 eigenständige Seiten mit unterschiedlichen Motiven geplant, denn eine Doppelseite mit durchgehendem Motiv kann in einem Buch immer nur in der Mitte eines Seitenbündels liegen.
Der erste Schritt war eine Ideen-Sammlung zum Thema. Meine ersten Assoziationen zum Thema Paradies waren: „Adam, Eva, Schlange, Apfel“. Im Freundes- und Kollegen-Kreis und selbst bei Katholiken kamen immer als erstes „Palmen“. Komisch, an die hatte ich überhaupt nicht gedacht! Nach einer Bilder-Suche bei Google (als erstes: Palmen!) kamen dann noch „Garten Eden, Feigenblatt und Paradiesvogel“ dazu.
Meine Motivliste sah dann so aus:
- Äpfel und kleine Schlange — Stempeln
- Paradiesvogel im Blumengarten — Linoldruck
- Palmen im Nebel — Spritzdruck
- Tomaten — Stempel, Druck mit Blätten
- Wegweiser Paradies — Milchtütendruck
- Feigenblatt — Stempeln
- Schlange am Baum mit Apfel — Siebdruck
- Schild Paradies mit Blumen und Schmetterlingen — Stempeln
Der Siebdruck gehört zu den aufwendigeren Drucktechniken und ich hatte so etwas auch noch nie gemacht, also habe ich damit angefangen.
Zuerst braucht ich ein Motiv. Ich bin nicht so die große Schlangenfreundin und ein lebendes Modell hat man ja auch nicht so ohne weiteres zur Hand, also habe ich einen „Freund“ aus meiner Kindheit zu Rate gezogen.Wer kennt noch die „Expedition ins Tierreich“, zu der uns Professor Bernhard Grzimek in der Siebzigern zusammen mit seiner Schimpansin Judy mitgenommen hat? Mein Großvater hat uns damals diese wunderbare Enzyklopädie geschenkt und hier wurde ich fündig.
Ich weiß noch, wie ich als Kind die Seiten beim Blättern nur an der äußersten Kante angefasst habe, aus Angst, plötzlich auf einer Schlange oder einem gruseligen Insekt zu landen. Die Zeichnungen sind derartig lebensecht!
Die passenden Schlange war bald gefunden, jetzt musste das Material gekauft werden.
Der Besuch im Laden für Künstlerbedarf in Berlin war dabei relativ ernüchternd: Schon ein einfaches Drucksieb kostet fast 25€, für ein Starter-Set mit allem, was man so braucht, muss man 100€ hinlegen, viel zu viel, um eine Technik mal einfach so auszuprobieren. Zum Glück hatte ich mich schon vorher in der Bibliothek mit Büchern eingedeckt und im Internet belesen. Am hilfreichsten waren hier die Artikelserie über Siebdruck von Kristina (am liebesten bunt) und eine Anleitung zum Bedrucken eines T-Shirts von Spiegel online.
Ich hatte keine Ahnung, was Siebdruck eigentlich ist. Wenn man in Büchern Abbildungen von Siebdrucken sieht, sehen die halt wie normale mehrfarbige Drucke aus. Was sollte daran so besonders sein, dass meine beiden befreundeten Kunstlehrerinnen sofort sagten :“ Siebdruck – das habe ich noch nie gemacht“, in einem Tonfall, als redeten sie von einer Polar-Expedition?
Für alle, die genauso unwissend sind , wie ich es war, kommt hier eine Erklärung, was es mit dieser Drucktechnik auf sich hat. Außerdem beschreibe ich, wie ich mit einfachen Mitteln brauchbare Drucke hinbekommen habe, ohne viel Geld für Material auszugeben, und was man dabei beachten muss. Ich habe alles im try-and-error-approach gelernt und vielleicht nimmt meine Erfahrung dem einen oder der anderen die Scheu vor dieser Technik.
Im Prinzip ist der Siebdruck nur eine ausgeklügelte Variante des guten alten Schablonen-Druckes. Beim Drucken mit Schablonen legt man die Schablone auf das Papier und streicht, spritzt, rollt oder tupft Farbe darüber. An den Stellen, wo die Schablone ist, bleibt das Papier dann weiß. Das ist ganz einfach, hat aber den Nachteil, dass man dabei die Schablone verschieben kann und dass die Farbe gerne mal darunter krabbelt, so dass der ganze Druck verschmiert.
Beim Siebdruck legt man ein Sieb auf das Papier, kippt die Farbe hinein und drückt sie dann mit einer Rakel, das ist eine Art weicher, breiter Spachtel, durch die Maschen des Siebes hindurch. Das geht schneller als tupfen und man hat auch keinen direkten Kontakt zum Papier, kann es also nicht beschädigen.
Das Drucksieb hat mit einem normalen Küchensieb überhaupt nichts zu tun. Es ist vielmehr ein ganz, ganz dünner Stoff, der so straff wie ein Trommelfell über einen flachen Rahmen, meisten Aluminium, gespannt ist. Die Fäden sind so dünn, damit die Farbe nicht zu dick auf das Papier aufgetragen wird, und die Maschen des Siebes sind ganz eng, damit man ganz scharfe Kanten drucken kann. Um aus dem Sieb eine Druckschablone herzustellen, muss man an den Stellen, an denen das Papier weiß bleiben soll, die Maschen verstopfen, so dass keine Farbe hindurchlaufen kann. Im Prinzip ganz einfach. Dafür verwendet man eine lichtempfindliche Emulsion. Man steicht das ganz Sieb mit dieser Emulsion ein, legt dann eine lichtundurchlässige Schablone oder bedruckte oder bemalte Folie auf und belichtet das ganz mit UV- Licht (Sonne tut es auch). Wo das Licht hinkommt, polymerisiert die Emulsion und wird unlöslich. Nach dem Belichten wird die restliche Emulsion ausgewaschen – fertig ist die Siebdruckschablone. An den Stellen, an denen das Papier weiß bleiben soll, sind die Maschen des Siebes verstopft. (Später, wenn man genügend Abzüge gedruckt hat, kann man mit speziellen Lösungsmitteln das Sieb wieder reinigen).Will man mehrere Farben drucken, muss man für jede Farbe ein neues Sieb herstellen, bis alle bunten Flächen gedruckt sind. Das ist alles nicht so einfach, wie es klingt, und Künstler, die Siebdrucke machen, lassen in der Regel das Drucken von professionellen Druckern durchführen.
Natürlich gibt es für Leute wie mich eine einfachere Variante des Siebdruckes. Statt das Drucksieb mit Emulsion zuzukleistern, nimmt man einfach Schablonen aus Papier oder Folie und legt sie zwischen Papier und Sieb. Man verwendet das Sieb also dazu, die Schablone fest auf das Papier zu drücken und beim Durchsteichen der Farbe an Ort und Stelle zu halten. Schablonen aus Papier sind dabei besser als welche aus Folie, weil Papier dünner ist, der Abstand zwischen Papier und Sieb also enger wird und entsprechend weniger Farbe aufgetragen wird. Außerdem saugt das Papier Farbe auf, und saugt sich quasi am Sieb fest, dadurch kann es beim Abheben des Drucksiebes mit abgehoben werden, die Farbe verschmiert weniger leicht und die Farbe krabbelt auch nicht so schnell unter die Schablone. Der Nachteil von Papier ist, dass man damit nur ganz wenige Abzüge hinbekommt. Angeblich gehen bis zu fünf Abzüge mit Butterbrotpapier, ich habe mit Butterbrotpapier noch nicht mal einen guten Abzug hingekriegt, und mit normalem Kopierpapier trotz aller Mühen maximal zwei brauchbare Abzüge bekommen.
Wer ernsthaft siebdrucken will, kommt um die Anschaffung eines Drucksiebes nicht herum. Ich habe mir einen Keilrahmen mit dünnem Organza bespannt.
Leider habe ich erst sehr spät begriffen, dass die Spannung des Gewebes von entscheidener Bedeutung für einen guten Abzug ist. Hätte ich das schon eher kappiert, hätte ich die Keile viel eher in den Rahmen gesteckt und das Gewebe nach jedem Druck nachgespannt. Ein richtiges Drucksieb ist mit Gewebe aus Polyurethan oder Polyethylen bespannt, beides Materialien, die sich unter Wassereinwirkung nicht ausdehnen. Die Stoffe, die man in der Bekleidungsindustrie verwendet, sind aus Fasern, die länger werden, wenn sie nass sind. Das Sieb verliert also an Spannung, die Schablone kann nicht mehr fest genug angedrückt werden und Farbe kriecht darunter. Wie das Sieb für den Druck abgeklebt werden muss, hat Kristina hier super gut beschrieben, das habe ich genau so gemacht. Ich schreibe jetzt auf, was man dabei beachten sollte:
- Die Rakel / der Spachtel mit dem die Farbe verstrichen wird, sollte so breit sein, dass man mit einem Streich die Farbe über die gesamte Fläche bekommt.
- Das Papier, das bedruck wird, sollte auf einer weichen Oberfläche (mit Zeitung bedeckte alte Handtücher gehen sehr gut) liegen
- Die Farbe sollte dickflüssig wie Pudding sein, damit sie nicht unter die Schablone kriecht. Hier gilt: je straffer das Sieb ist, desto geringer ist das Risiko, wenn man mit dünner Farbe arbeitet. Es gibt spezielles Verdickungsmittel für die Farbe, das mir aber zu teuer war. Ich habe mit Acryl-Farbe gearbeitet und hatte keine Freude daran. Fingerfarbe, mit der ich auch Versuche machen wollte, ist heutzutage auch nicht mehr so cremig, wie ich sie in Erinnerung hatte und hat gar nicht gut funktioniert. Eventuell kann man die Farbe mit Tapetenkleister soweit andicken, dass man besser damit drucken kann, das wäre einen Versuch wert.
- Wenn man eine größere Auflage an Bildern drucken will, sollte die Schablone einfach zu schneiden sein!
Ich habe über 20 Drucke gemacht, um 9 akzeptable Ergebnisse zu erhalten, wirklich perfekt war keiner davon. Aber dafür habe ich etwas für das Schneiden von Schablonen gelernt:Es lohnt sich, eine gute Schneidematte zu besitzen. Ich habe mal zwei kleine Unterlagen mit einem Halter für Skalpellklingen in der Drogerie gekauft, aber die Klingen werden darauf sehr schnell stumpf und man kann auch nicht so gut darauf schneiden. Als ich die große Matte, auf der ich normalerweise Stoff zuschneide, hervorgeholt hatte, ging das Ausschneiden der Schablonen viel schneller und leichter von der Hand.
Übrigens konnte ich die verschmierten Drucke noch retten: Als die Farbe unter die Schablone gekrabbelt ist, war der Farbauftrag viel dünner als bei den nicht von der Schablone bedeckten Stellen.Retouschieren mit weißer Farbe ging nicht. Einmal getrocknet, ist Acrylfarbe aber nicht mehr wasserlöslich. Ich habe also die verschmierten Drucke unregelmäßig mit verdünnter Farbe eingefärbt und so die Schmierstellen verschwinden lassen.
Auf diese Weise sind die Briefkarten entstanden, die ich an meine Mitdruckerinnen geschickt habe, und so konnte ich auch Tabea und Michaela ein Exemplar der Sommerpost zukommen lassen.
Weil der Spritzdruck im Prinzip nur eine weitere Variante des Druckens mit einer Schablone ist, beschreibe ich meinen Palmendruck auch an dieser Stelle.
Spritzdruck ist mit die einfachste Variante des Schablonendruckes. Als Kinder haben wir das mit alten Zahnbürsten oder mit dem Borstenpinsel und Wasserfarben gemacht. Man macht die Farbe auf die Bürste und streift dann mit dem Finger darüber, dass ein feiner Sprühnebel entsteht, der das Papier vollspritzt. Das ist eine ziemliche Sauerei und man erhält oft auch dicke Farbklekse. Und anstrengend für die Finger ist es auch. In der Schule habe ich dann Spritzsiebe kennengelernt, über die man mit der Bürste streicht und so einen viel besseren Sprühnebel bekommt. So ein Sieb kostet keine 5€ und lohnt sich echt.
Die Schablonen sollten bei filigranen Mustern nicht aus Papier sein, weil sich das gerne aufrollt, wenn es feucht wird. Wenn die Schablonen breit genug sind, kann man sie aber mit irgendwelchen Gegenständen beschweren. Ich habe einfach Münzen dafür genommen, jetzt kann ich also von mir behaupten, dass ich sogar schon mal Geld gewaschen habe 🙂 .
Auf dem Bild kann man sehen, wie ich gedruckt habe: zuerst habe ich die untersten Palmen (sie sind aus Moosgummi) ausgelegt und dann das ganze Blatt mit Hellblau bespritzt. Die Palmen wurden dann mit einem gerissenen Streifen Papier abgedeckt und die nächste Schicht Palmen wurde ausgelegt. Darüber kam dunkelblaue Farbe. Zuletzt wurden die obersten Palmen aufgelegt und ein weiterer Horizont aus Papier darüber gebreitet und alles wurde violett eingefärbt. Recht im Bild sind die Moosgummi-Palmen und das Spritzsieb.
Man kann übrigens jede Farbe auf Wasserbasis für diese Technik nehmen. Als Teenager habe ich auf diese Weise mal eine Bettwäsche bedruckt.
So, jetzt ist der erste Teil des Making Of fertig. Bei Tabea und Michaela bedanke ich mich ganz herzlich für die Organisiation dieser schönen Sommerpost. Bei meinen Mitdruckerinnen bedanke ich mich für die wunderschönen Drucke, die ich erhalten habe und besonders bei der Kruschkramerin und bei Frau Papierkraniche, die alle unsere Werke so toll gezeigt haben. Ich bin dazu leider nicht gekommen.
Oh, was ein Werk…, so eine genaue Beschreibung…, aber mein Respekt vor dem Siebdruck ist eher noch gewachsen ;-). Tolle Schlange jedenfalls! Lieben Gruß Ghislana
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Die Siebe und die puddingartige Farbe scheinen bei Siebdruck mit Hausmitteln wirklich das Entscheidende zu sein. Bei dem Siebdruckworkshop von Kristina haben wir eine Menge Drucke mit Schablonen aus Schreibmaschinenpapier machen können, 10-15 mal dasselbe Motiv war kein Problem. Aber die selbstgemachten Siebe waren mit richtiger Siebdruckgaze bespannt, und wir hatten dickflüssige Farbe.
Aber dafür, dass du dich nur Beschreibungen hattest und keinen Workshop, hat es doch ganz gut funktioniert. Wenn es einem jemand zeigen kann, der weiß, welche Zutaten man wirklich braucht, hat man es schon einfacher.
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Ja, im großen und ganzen bin ich zufrieden. Der Lernprozess hat Spaß gemacht und beim nächsten Mal sollte es dann besser klappen. Es ist irgendwie befriedigend, wenn man eine neue Technik aus eigener Kraft meistert, man hat dann eher den „Aha-Effekt“. Wenn Du jemanden hast, der Dir zeigt, wie es geht, ist es natürlich leichter, und viele Dinge kriegt man auch nicht ohne weiteres heraus, allerdings findet man manchmal andere Lösungen für ein Problem, die auch gut funktionieren.
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