30 Days Book Challenge Tag 8 : ein Buch, das in einer vergangenen Epoche spielt

Kaum zu fassen, aber ich hänge bereits 14 Tage mit meinen Buchvorstellungen zurück! Das analoge Leben hat einfach alle meine Zeit verschlungen. Dabei habe ich schon einige Besprechungen fertig geschrieben, nur die Fotos fehlen noch. Ich werde also in den nächsten Tagen einfach mehrfach posten. Hier also ein Buch, das in einer vergangenen Epoche spielt:

In meinen Augen ist eigentlich jedes Buch, das in der Ära vor der allgemeinen Verbreitung von Smartphones, zumindest aber vor der allgemeinen Verbreitung des Internets spielt, ein Buch aus einer anderen Epoche. Ich denke, keine Erfindung der letzten Jahrzehnte hat unser tägliches Leben derart nachhaltig beeinflusst und verändert. Wer heute in einer Industrienation keinen Zugang zum Internet hat, ist von vielen Dingen des täglichen und des gesellschaftlichen Lebens einfach abgeschnitten, nicht mehr auf der Höhe seiner Zeit.
Zu der Tagesfrage wäre noch zu überlegen, ob das Buch in der heutigen Zeit geschrieben wurde, mit dem Blick dessen, der die Geschichte und ihren Verlauf kennt oder in einer anderen Epoche geschrieben wurde und für den Autor quasi in der „Jetzt-Zeit“ spielt. Für letzteres bietet mein Bücherschrank einer reichhaltige Auswahl an Austens, Dickens und ähnlichen, lange vergangenen Schriftstellern, sowie auch einigen aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts.
Bei der achten Frage der Book Challenge geht es aber vermutlich um Romane, die eine vergangene Epoche von heute aus beschreiben.

Coming Home von Rosamunde Pilcher

Buch 8
Frau Pilcher ist eine zu Unrecht viel geschmähte Autorin, die ihren schlechten Ruf im wesentlichen die unsäglichen, verkitschten Verfilmungen ihrer Bücher und Kurzgeschichten durch das ZDF verdankt.Tatsächlich sind ihre Bücher spätestens seit den Muschelsuchern ein gutes Porträt der britischen Mittel- und Oberschicht, die Charaktere sind differenziert und interessant gezeichnet und die Handlungen der Romane beschränken sich keineswegs auf eine seichte Romanze (nicht dass ich etwas gegen seichte Romanzen hätte, auch die haben ihre Berechtigung)
Der Roman “Coming Home“ zeichnet das Schicksal eines jungen Mädchens, das in England im Internat bleibt, während die Familie nach Indien versetzt wird. Sie freundet sich mit einem Mädchen an, und deren Familie nimmst sie quasi unter ihre Fittiche. Die Geschichte dieser Familie wird dann aus der Sicht des jungen Mädchens erzählt. Als der zweite Weltkrieg ausbricht, ist sie eine junge Frau und geht als Krankenschwester zur Armee, bis sie nach dem Krieg wieder nach England zurückkehrt und die Fürsorge für ihre 8 Jahre jüngere Schwester übernimmt, die im Südostasien-Krieg die Hölle von Verschleppung und Gefangenschaft durchgemacht hat.
Der Titel bezieht sich auf die Sehnsucht der Heldin nach einem eigenen Zuhause für sich und ihre Familie, das sie sich am Ende auch schafft.
Das Buch beschreibt die Vor-, Kriegs-, und Nachkriegszeit aus der Sicht eines jungen Mädchens und später einer jungen Frau, aber ohne den Augenmerk nur auf den Krieg zu legen. Bei vielen Büchern, die in dieser Zeit spielen, ist der Krieg allgegenwärtig und ständig im Fokus. Aber das war vermutlich gar nicht so. Der Krieg war zwar allgegenwärtig, aber das Leben ging ja trotzdem weiter. Die großen Katastrophen schwächen sich im Bewusstsein der Menschen, die ja irgendwie ihren Alltag leben müssen, insofern ab, als sie einfach zur Realität dazugerechnet werden.
Im ganz kleinen erleben wir das ja gerade mit der Corona-Krise. Nach der großen Aufregung im März-April geht das Leben mit Masken und den Einschränkungen eben irgendwie weiter. Am Anfang war alles ganz schrecklich und man musste alles tun, um die „Helden des Alltages“ und die Systemrelevanten zu unterstützen. Applaus vom Balkon, große Solidaritätsbekundungen.
Aber wer, außer den Pflegenden zum Bespiel hat denn noch nach all den vollmundigen Ankündigungen eines „Corona-Bonusses“ mitbekommen, dass die Regierung gerade beschlossen hat, dass der Applaus im Bundestag eigentlich mehr als genug Anerkennung ist, und die Pflegenden nicht einen Cent sehen werden?
`Tschuldigung, die Empörung musste mal kurz raus.
Zurück zum Buch: Ein echter Schmöker, der eine Epoche beleuchtet, die in unserem Land relativ einseitig beleuchtet wird. Klar, in Deutschland wurde der Krieg nur zu Kriegszeiten als heroisch erlebt, im Nachhinein wird dieses Gefühl nur von außen, quasi auf dem Seziertisch beschrieben. (sehr empfehlenswert dazu: „Sonderappell“ von Sybill Gräfin Schönfeld) Man wird schnell in die Geschichte hineingezogen, die Charaktere sind sympathisch und gut beschrieben. Und ich habe einiges über den Krieg im Südpazifik gelernt, das ich noch nicht wusste.
Wer Rosamunde Pilcher bislang nur mit Schmonzetten in Verbindung gebracht hat, dem sei dieses Buch empfohlen (O.K., ein bisschen Schmonzette ist natürlich auch drin), das zwar nicht extra tiefgründig aber definitiv nicht seicht ist.

2 Kommentare

  1. Wie schön, dass Du mit dem Kitsch-Vorurteil aufräumst. Tatsächlich sind es auch nur die deutschen ZDF-Verfilmungen so schlimm – ich habe mal eine britische Verfilmung gesehen, die ich richtig gut fand.

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    • Ich finde ihre Kurzgeschichten echt klasse. Und ihr letzter Roman „Wintersonne“ über Liebe und Beziehungen zwischen alten Menschen ist wirklich toll. Als britische Verfilmung kenne ich nur die erwähnte, die war echt gruselig.

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