Sehr junge und sehr alte Menschen haben mehr gemeinsam, als man annimmt. Eine dieser Gemeinsamkeiten sind die Schwierigkeiten beim An- und Ausziehen von Hosen. Daher steckt man beide gerne in Hosen mit einem Gummizug-Bund.
Während bei sehr jungen Menschen diese Hosen recht weit geschnitten sind, damit die Mütter ihre Kinder trotz Gegenwehr leicht hineingestopft bekommen, sind bei den alten Menschen die Hosen oft möglichst schmal geschnitten, so dass sie eben über die Hüfte gehen und nicht zuviel Stoff in der Taille haben. Schick halt.
Meine Mutter hat auch ein paar von der Sorte (rechts habe ich die Dekoration schon abgetrennt). „Seniorenhosen“ nennt der Handel sie, mit welchem Recht, ist mir schleierhaft. Wie kann man denn einem Senioren eine taschenlose, hosenschlitzlose schmale Hose anbieten, in die man sich ja als 40-50 Jähriger kaum hineinwinden kann? Mal ganz abgesehen davon, dass ich keinen einzigen alten Menschen kenne, dem nicht andauernd die Nase tropft!
Ich habe also die Hosen Anfang Dezember in meine Obhut genommen und eine schon mal seniorentauglich gemacht. Die Entscheidung, die braune Hose mit einseitigen Paspeltaschen zu versehen, war ganz leicht, es ist die einzige Taschenvariante, bei der man keinen Originalstoff braucht, um ein akzeptables Resultat zu erzielen.
Als erstes habe ich die eingenähten Gummibänder in den Seitennähten festgesteppt und dann im Vorderteil aufgetrennt, damit ich vorne keine Kräuselung hatte. Dann habe ich die Eingriffe mit Kreide und dann noch einmal mit Heftfäden markiert. Wie man einen Paspeltasche näht, steht in den einschlägigen Büchern, da ich keine Fotos gemacht habe, spare ich mir die Beschreibung. Ich habe allerdings den hinteren Taschenbeutel , der an der oberen Schlitzkante festgemacht wird, so groß gemacht, dass er sowohl unter dem Bund mitgefasst als auch auf der Nahtzugabe der Seitennaht festgesteppt werden kann. Eine Paspeltasche, die ab dem Schlitz nur nach unten baumelt, verzieht die Hose, der nicht so gut passenden Futterstoff blitzt die ganze Zeit und so etwas braucht kein Mensch. Und weil das echt etwas tricky ist und ich Fotos habe – hier das „So gehts“.
Das ist also der Schnitt vom Taschenbeutel, stellt Euch vor, er stößt oben an den Bund, und an der Seite an die Seitennaht. Der Schlitz mit der Paspel geht bis zu den beiden Querstrichen. Die Verlängerung ist eine Hilfslinie zum Ansetzen der Taschenbeutel. An die grüne Schlitzkante wird der grün umrandete Beutel angesetzt, an die pinkfarbene Kante kommt zweitere Beutelteil, den ich mal rosa eingefärbt habe.
Hier ist das ganze grüne Teil aus Stoff, dummerweise seitenverkehrt. Ich habe die Ansatznaht markiert, gefaltet und gebügelt. Die Schwierigkeit besteht darin, dass man den Stoff so an den Schlitz stecken muss, dass beim Durchziehen auf die Innenseite der Hose der Beutel so liegt, wie auf der Abbildung links. Die Schlitzmarkierungen werden also aneinander gelegt, dann wird der untere Taschenbeutelteil hochgeklappt und in der Markierungslinie festgesteppt. Dazu habe ich leider keine Fotos.
An die untere Schlitzkante habe ich erst die Paspel aus „beinahe-Leder“ genäht und dann erst den rosa Taschenbeutelteil an der Paspel festgenäht und schließlich den Taschenbeutel geschlossen. Fertig sieht das ganze dann so aus:Wer genau hinschaut, sieht, dass der Reißverschluss schon drin ist.
Ursprünglich wollte ich einen einfachen Damenhosenschlitz nach diesem fabelhaften Buch machen (hat mir meine Tochter zum Geburtstag geschenkt, bekommt man nur noch selten und nur gebraucht, eines der allerbesten Bücher überhaupt)
aber weil ich nur einen echten Metall-Reißer in der richtigen Größe bekommen habe, habe ich mich für einen echten Schlitz mit Untertritt entschieden. Vermutlich wird meine Mutter meckern, weil ich einen anderen Stoff angestückelt habe, aber das ist dann eben so!
Mit einem extra großen Knopf und Gürtelschlaufen aus der Dekoration und dem wieder festgesteppten Gummizug sieht die fertige Hose jetzt so aus:Einen Bügelpreis werde ich dafür wohl eher nicht gewinnen! Aber man kann sie notfalls auch ohne sie zu öffnen herunterziehen und zum Anziehen ist der Schlitz natürlich Gold wert. Inzwischen ist sie bereits unterwegs und mit etwas Glück kommt sie morgen bei meiner Mutter an. Seniorenkompatibel. Wenn sie meiner Mutter gefällt, gönne ich mir den ganzen Spaß mit Hose zwei.
Ich wusste gar nicht, dass es sowas wie Seniorenhosen überhaupt gibt-aber scheinbar wird hier am Kunden vorbeigenäht 😛 Dein Exemplar ist dir auf jeden Fall gelungen!
LG Maria
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Es gibt mehr Dinge, die man nicht wissen will, als umgekehrt, glaube ich! Vielen Dank für das Lob, allerdings habe ich ja nur „nachgebessert“.
LG, Stefanie
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Sie ist richtig schön geworden die Hose. Sehr geschickt verarbeitet. Mir gefällt, wenn jemand Kleidung nach eigenen (oder Mutters) Bedürfnissen näht oder eben ändert. Liebe Grüße.
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Vielen Dank. Im Grunde ist das ja auch der Grund, warum ich nähe: Ich will Kleidung, die exakt zu mir und meinen Bedürfnissen und meinem Stil passt.
LG, Stefnie
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Wahrscheinlich trägt meine Oma deswegen immer Rock??? *grübel* Wurde die Änderung angenommen? Ich finde sie sehr gelungen!
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