Hemdblusenkleid Sew Along Teil 3 Probemodele und Passform

Während heute bestimmt alle schon dabei sind, ihr schönes, neues Hemdblusenkleid an diesem sonnigen Tag gekonnt in Szene zu setzen, berichte ich noch von meinem Anpass-Marathon.

Normalerweise bin ich ja keine, die ein Probemodell näht, ich passe beim Nähen an und vermerke eventuell die getätigten Änderungen auf der Schnittmustertüte, für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich den Schnitt ein zweites Mal nähe. Aber für mein Hemdblusenkleid ist der Stoff recht knapp, da kann ich mir kein Vertun leisten. Außerdem will ich endlich ein für alle Mal mein Ärmel-Passform-Problem lösen und Ärmel haben, in denen ich ich wirklich bewegen kann, ohne Angst zu habe, dass der Ärmel an der Rückseite ausreißt.
Zur Erinnerung: Ich nähe Saraste von Named. Als erstes habe ich versucht, meine richtige Größe herauszufinden. Um nicht gleich das ganze Kleid zur Probe nähen zu müssen, wollte ich die Anpassungen an der Saraste-Bluse machen. Und da zeigte sich bereits das erste, interessante Problem: Größe 3, die meinen Maßen in etwa entsprechen würde ist in den Fertigmaßen laut Tabelle bei der Bluse überall ungefähr 4cm größer als das Kleid, und das aus den selben Schnittteilen. Bemerkenswert! Wie machen die das? Ich habe die Schnittteile auf dem Bogen nachgemessen und siehe da, die Maße der Bluse scheinen zu stimmen.

Für das erste Probemodell habe ich ein altes Oberhemd meines Mannes verwendet. Er ist von der Statue so breit ( oder ich bin so schmal), dass ich normalerweise seine Hemden umgedreht verwenden kann und so die Knopfleiste auf der richtigen Seite ist, ich aus dem Rückenteil auch noch jeweils einmal den Kragen und den Steg herausbekomme und die Ärmel für lange Ärmel reichen.
Bei Saraste mit den vertikalen Teilungsnähten reichte der Stoff nur für kurze Ärmel, aber dafür für den kompletten Kragen und die doppelte Schulterpasse. Nach aller negativen Kritik am Saraste-Kragen habe ich von Anfang an nur den Original-Kragensteg und dann gleich den Kragen des Ottobre-Kleides „Fancy Flowers“ verwendet.

Auf den Fotos im Buch sieht das Kleid recht stramm am Modell aus, ohne nachmessen hätte ich mich intuitiv für eine Größe 4 entschieden, aber ich vermute, dass das Modell eine Nummer kleiner trägt. Ärgerlich bei einem Buch, das sich auch als eine Art Nähschule versteht.
Auf jeden Fall dachte ich mir, dass nach den Bildern die Schultern schmal ausfallen würden und habe sie beim Zuschneiden gleich mal um zwei cm breiter gemacht. Beim Nähen habe ich dann aber gleich einen davon wieder entfernt.
Wer hier schon eine Weile mitliest weiß, dass ich immer über die Passform von Ärmeln herumlamentiere. Dieses Mal habe ich im Vorfeld erst einmal den prima Artikel von Anne (Beswingtes Allerlei) über Ärmel durchgearbeitet (ja, genau. Nicht bloß gelesen!) und dann an der Oberseite des Ärmels einen 2cm breiten Keil eingesetzt und den bis zum Saum auslaufen lassen. Die entstandene Mehrweite habe ich dann oben von der Armkugel weggenommen.

Die dabei entstandene Bluse seht Ihr auf den Bildern. Von Vorne bin ich mit der Passform eigentlich zufrieden, allerdings ist meine Taille vorne fast zwei Zentimeter unterhalb der eingezeichneten Taille. Zum Vergleich habe ich im Bild rechts den Original-Ärmel eingenäht, links den angepassten. Mir gefällt die Saumlinie des linken Ärmels deutlich besser, allerdings ist sie durch den eingesetzten Keil so stark geschwungen, dass man den Saum nicht einfach umnähen kann, er hat dadurch kleine Fältchen bekommen, sondern entweder eine Saumblende nähen muss, oder aber mit einem Schrägstreifen versäubert. Beim Originalärmel rechts sind die Zugfalten von oben viel stärker als links. Insgesamt sieht man aber an den Ärmeln, dass ich mehr Platz für den Delta-Muskel brauche, das ist der Muskel direkt über dem Schultergelenk, der da quasi direkt über dem Knochen wie ein dickes Kissen liegt. (Das ist dem Garten geschuldet: Die Hunderte von vollen Gießkannen, die ich immerzu aus der Regentonne heben muss, erzeugen solche Passformprobleme).Beim Arme heben sieht man jetzt rechts das Zuviel an Stoff aus der Höhe der Armkugel.

Auf den Fotos unten, dieses Mal mit zwei angepassten Ärmeln sieht manbeim heben der Ärmel bereits erste Zugfalten durch zu wenig Stoff im oberen Rückenbreich, was noch deutlicher wird, wenn ich die Arme ganz nach oben hebe.

Für das zweite Probemodell habe ich dann Sarah Veblen (Buch: Perfekte Passform) konsultiert. Und ich bin ins Konzert gegangen. Was das jetzt mit einem Hemdblusenkleid-Sew-Along zu tun hat? Ganz einfach, wenn man anderthalb Stunden auf einen Rücken im karierten Oberhemd starrt, kommt man nicht umhin zu bemerken, dass die Schulterpasse beim Herrenhemd eine deutliche Rundung nach unten und das von unten angenähte Rückenteil eine noch deutlichere Rundung nach oben hat. Beim Oberhemd des Gatten nachgemessen und auf meine Rückenbreite heruntergerechnet ergib das 5mm oben und 1cm unten. Ich habe die Passe dann noch verkürzt weil ich dachte, dass ich die Mehrweite doch eher weiter oben brauche und die Abnäher zu einer Teilungsnaht umfunktioniert, um auch dort noch ein bisschen mehr Weite zu schaffen.

Probemodell zwei hat leider reichlich zuviel Weite und auch zuviel Länge, von der ich auf den Fotos unten bereits durch eine ovale Quernaht einiges wieder entfernt habe. Allerdings bin ich nicht ganz sicher, ob diese Stauchungsfalten am unteren Rücken nicht vielleicht von zu wenig Weite auf den Hüften kommen. An den Ärmeln habe ich die Armkugel noch etwas erhöht, das reicht aber noch immer nicht ganz aus. Die verkürzte Passe erweist sich als eher schlechte Idee.

Klick aufs Bild macht es groß

Für Probemodell drei habe ich noch einmal Anne zu Rate gezogen, dieses Mal ihren Post über die Schulterbreite. Da wird das Problem breite Schulter und breiter Rücken noch einmal sehr, sehr gut bearbeitet.

Auf dem Schnittmuster sieht man die Änderung. Ich habe den Schnitt nochmal auskopiert, die Rundung an der Oberseite von nach unten nach oben umgedreht (1cm Raumgewinn in der Mitte des Rückenteils) und dann aus Rückenteil und Passe die äußere Kante herausgerückt, wie das bei Anne beschrieben ist. Mit der Passform im oberen Rücken bin ich glücklich, der Rest muss über den Ärmel passieren. Unten müssen die Abnäher noch angepasst werden und auch hier bin ich nicht so sicher, ob ich nicht etwas mehr Weite in der Seitennaht für die Hüfte bzw. das Gesäß zugeben sollte.

Für das Kleid ist das aber unerheblich, deshalb kann ich jetzt endlich damit anfangen. Irgendwann zwischendrin muss ich mich dann nochmal mit den Ärmeln auseinander setzen, auch, damit aus dem Probeteil drei ein wearable Muslin wird. Dieses Mal werde ich einen anderen Kragen verwenden, ich denke da an den kleinen Reverskragen der Bruna-Bluse.

Was habe ich in diesen zwei Wochen alles gelernt?
1. Den eierlegenden Wollmilchärmel gibt es nicht. Bei Webware ohne Elasthan muss man immer Kompromisse zwischen einer anliegenden Bluse auf der einen Seite und Falten im Rückenteil an der Ärmelansatznaht bei guter Bewegungsfreiheit auf der anderen Seite machen.
2. Es ist sinnvoll, bei einem Probemodell bereits eine Knopfleiste mit Knöpfen zu haben, besonders, wenn man niemanden hat, der an einem abstecken kann und das Kleidungsstück relativ eng ist. Das Zustecken der vorderen Knopfleiste an den Probemodellen hat mich schier in den Wahnsinn getrieben.
3. Ich mag keine vertikalen Teilungsnähte an Blusen. Zumindest nicht für mich.
4. Verlass Dich nicht auf die Fertigmaße von Kleidungsstücken, miss sicherheitshalber noch einmal am Schnitt nach.
5. Wenn der Sew-Along vorbei ist, werde ich nicht nur ein Kleid, sondern auch einen Grundschnitt für Rückenteile und, quasi als Beifang, zwei neue, dringend benötigte weiße kurzärmelige Blusen haben.

Ich bedanke mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Anne, deren unglaublich gut gemachte Artikel zur Passform maßgeblich an diesen für mich sehr zufriedenstellenden Ergebnissen beteiligt sind (ja, Anne, die gefühlt 100 Klicks auf diese Posts in den letzten Tagen waren von mir 😉

Außerdem bedanke ich mich bei Manuela und Tina für die Organisation des Sew-Alongs .
Manuela sammelt auch die Links in dieser Runde des Sew-Alongs.

Und weil die Bluse einmal ein Oberhemd war, darf ich bei Antetannis Jahresbingo 2025 einen Haken im Feld Ich war .. und aus mir wurde…machen.

2 Kommentare

  1. Wow, was für ein Anpassungsmarathon! Ich finde ja Anpassungen an den Schultern, dem oberen Rücken und Hals besonders herausfordernd. Da rätsele ich meist ziemlich, woher das Problem rührt. Gut, dass Du durchgehalten hast. Andererseits lernt man beim Anpassen wirklich viel und einen „Grundschnitt“ hast Du jetzt offenbar dadurch auch. Über der Hüfte würde ich tatsächlich Weite zugeben, damit der Stoff nach unten rutschen kann. Herzlichen Dank, dass Du uns an Deinen Überlegungen teilhaben lässt. Liebe Grüße Manuela

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