Ein Tag im Garten Teil eins

Vor unserem Urlaub hatte ich einen freien Tag, den will ich im Garten verbringen wollte. Vor dem Urlaub war noch soviel zu tun. Und so sah der Tag aus:

Ich stehe um halb Acht plus 9 Minuten Schlummern auf. Anderthalb Stunden später sitze ich endlich am Frühstückstisch. Der steht heute auf dem Rasen, denn die Terrasse hat um diese Jahreszeit am Morgen noch nicht genug Sonne und es ist noch ziemlich frisch.

Ich frage mich, wo denn diese anderthalb Stunden abgeblieben sind, irgendwo scheint am Morgen in schwarzes Zeitloch zu existieren, das die Minuten nur so absaugt. Es gibt Apfelpfannkuchen, na ja, eigentlich Apfel-Kaiserschmarrn, denn ich habe zwei kleine Äpfel in die Pfanne geschnippelt, und bei relativ wenig Teig mit viel Ei und wenig Mehl zerfällt der Pfannkuchen beim Wenden in die Einzelteile. Egal, schmeckt trotzdem lecker.

Neben mir gurgelt der Brunnen. Er besteht aus einer Mörtelwanne, einigen Feldsteinen, einer selbst gegossenen Betonkugel, durch die ein Schlauch geführt wird und einer kleinen Umwälzpumpe. Der Wasserspeiende Frosch ist leider kaputt, das Röhrchen, das das Wasser zu seinem Maul führt, ist abgebrochen. Jetzt sitzt er daneben und ich überlege, ob ich ihn mit einem illegalen alten Plastik-Knick-Trinkhalm und einer größeren Menge Silikon versuchen soll, zu reparieren, oder ob ich nicht einen neuen kaufe.

Den Brunnen habe ich am Sonntag wieder in Ordnung gebracht. Die Wanne musste angehoben werden, sie war ganz schief und abgesackt, nachdem sich vor einigen Jahren eine Wühlmaus darunter hindurch gewühlt hatte und das Beet nebendran durch das Mulchen um einige Zentimeter gewachsen war. Jetzt ist alles neu gefasst, die Pumpe gereinigt und er sprudelt munter vor sich hin. Eigentlich war dafür keine Zeit da, aber ich weiß, dass meine Schwiegermutter, die Haus und Katzen hüten wird, wenn wir im Urlaub sind, es liebt, auf der Terrasse mit dem gluckernden Brunnen zu sitzen.

Die Katzen sind gefüttert, Minouche hat ihre Medizin, zwei Sorten Globuli, für ihr entzündetes Auge bekommen. Die Katzen sind halbwilde Streuner, die ich quasi von unserer Nachbarin „geerbt“ habe. Sie befinden sich in unterschiedlichen Stadien der Zähmung und Minouche, die Mutter der Bande, ist die allerscheueste. Kein Gedanke, sie mit irgendwelchen Augentropfen zu behandeln und der Tierarzt hält das Ganze für eine Virusinfektion, daher bekommt sie auch kein Antibiotikum. Ich hoffe, ich bekomme sie wieder hin, eine frei lebende Katze braucht alle ihre Sinne.

Jetzt könnte ich theoretisch ins Beet springen, aber zuerst muss ich noch die Bohnen, die ich gestern geerntet habe, blanchieren und einfrieren. Und auf der Einfahrt gießen, bevor die Sonne dahin kommt.

Mittlerweile ist es halb zwölf. Während ich die Bohnen blanchiert habe, habe ich aus den getrockneten Anschnitten meines Toastbrotes Weckmehl gemacht und danach die Küche aufgeräumt. Und ich habe gelegte Wäsche weggeräumt.

Gemüse erntet man am besten früh morgens, aber spätestens, wenn der Tau getrocknet ist. Also ziehe ich mit meinem Erntekorb ins Bohnenbeet, während in der Waschmaschine BH’s und Kompressionsstrümpfe sauber geschaukelt werden.

Lange dauert die Ernte nicht, die Bohnen, feine, sehr leckere Filetbohnen der Sorte Delinel, belegen nur die Hälfte der Reihe, in die andere habe ich Wachsbohnen gesät, die, bis auf eine kleine Handvoll, noch ein bisschen Zeit haben. Hatte ich ganz vergessen. Dafür wandert noch eine Handvoll Erbsen in den Erntekorb und eine richtig große Fenchelknolle. Die gibt es zum Mittagessen als Salat.

Die Erbsen sind nicht gut gewachsen dieses Jahr, ich war mit der Aussaat spät dran und sie sind auch nicht so recht gediehen. War wohl zu trocken. Ich habe nochmal nachgesät, dazu musste ich den Boden ein Stück gegen Kompost austauschen, weil Erbsen 5-6 Jahre Anbaupause brauchen. Möglicherweise habe ich die auch bei der ersten Aussaat nicht eingehalten, ich arbeite noch an einem besseren Rotationsplan für den Gemüseanbau.

Der zahme Kater kommt um die Ecke. Das Auge tränt, und ich nutze die Gunst der Stunde, um ihm die Augen zu reinigen und Augentropfen zu verabreichen. Er lässt es tapfer über sich ergehen, weiß er doch, dass ganz viel kraulen und hinterher Leberwurst-Paste dazugehören. Da er ganz schön durch die Nase schnorchelt, bekommt er auch noch zwei Globuli.

Endlich komme ich in den Garten, es ist inzwischen halb zwölf. Als erstes lege ich die Wäsche, die gestern Abend noch nicht trocken war und noch auf der Wäschespinne hängt. Während die Waschmaschine schleudert, mähe ich das Trockengrün. Zu dem kleinen Rasenstück hinter dem Haus kommt man vom Hauptrasen nur über einen schmalen Streifen zwischen zwei Beeten, das schafft der Robo nur mit Hilfe. Die Kanten mäht er allerdings sehr schön.

Der Rasenschnitt kommt gleich auf die Beete an der Küchenterrasse.

Dabei muss ich aber aufpassen, denn überall im Beet haben sich die Hornveilchen ausgesät. Wie freigiebig von ihnen. Natürlich stehen sie viel zu dicht, also werden die stärkeren Pflänzchen im Beet umverteilt und der Rest in eine rasch dafür mit Erde befüllte Quickpod-Platte gepflanzt. Der Plan ist, dass sie dort zu kräftigen Pflanzen mit gutem Wurzelballen heranwachsen und dann in zwei Monaten in die Rabatten verteilt werden. Mal sehen, ob das klappt.
Die Beete sind bereit wieder ganz schön trocken. Nach 10 Tagen Hitze ohne Regen ist die Dauerberieselung der vier Wochen davor schon wieder verdampft. Auch der zwischenzeitlich wunderbar grüne Rasen versteppt bereits wieder. In den Beeten entdecke ich noch eine ganze Menge selbst ausgesäte Löwenmäulchen, die zum Teil zu eng und zum Teil unter anderen Stauden stehen. Ob ich sie auch in Töpfe pflanzen, mit einem Chelsea-Chop einkürzen und nach dem Urlaub in die Einfahrt pflanzen soll? Die Beete sind, jetzt, wo ich den Lavendel abgeschnitten und das Unkraut entfernt habe, ziemlich leer. Dieses Jahr habe ich keine Sommerblumen ausgesät.

Mittlerweile ist es viertel nach zwei. Die Wäsche ist trocken und es ist höchste Zeit für das Mittagessen. Ich hobele den Fenchel für einen Salat, röste parallel Walnüsse im Ofen und koche Bohnen und Spätzle. Dann dünste ich rote Zwiebelringe an, reibe den Rest Old Amsterdam und mische alles mit einem Becher Schmand und etwas griechischem Naturjoghurt (der Schmand hat nicht gereicht) zusammen.

Es ist zu trocken und es fehlt Salz. Also Nachsalzen, etwas von dem Wasser, mit dem ich die Reste vom Zwiebeln anbraten im Topf losgekocht habe (wie gut, dass ich kein Spüli hineingegeben habe) dazu, auf kleine IKEA-Glasbehälter verteilen und 10 Minuten überbacken. Es ergibt 5 gute Portionen, gutes Meal-Prepping. Das Essen ist fertig, es ist viertel vor Vier. Wieso um alles in der Welt hat das so lange gedauert?

Ich bin mit dem Essen fertig, es war lecker, wenn auch zu wenig gesalzen und der Käse hat nicht gereicht. Fenchel mit einer Olivenöl-Zitronen-Marinade ist nicht wirklich meins, ich mag ihn lieber mit Orangensaft. Und weniger Salz. Der halbe Teelöffel aus dem Rezept war zu viel. An den Rest werde ich morgen einen Apfel raspeln, das schmeckt bestimmt. Die Küche ist aufgeräumt, der Abwaschautomat arbeitet und ich habe das dringende Bedürfnis nach einem Pfirsicheis. Und einem Kaffee.

Bei meinem Eis und einem Latte ziehe ich Bilanz: Es ist viertel vor fünf, und von den zehn Gartenarbeiten, die ich mir für heute vorgenommen habe, die vier kürzesten geschafft. Obendrein habe ich noch einige Arbeiten gefunden, die ich ebenfalls dringend erledigen muss. Außerdem habe ich 1200 Wörter geschrieben und ungefähr ein dutzend Fotos gemacht. Ich fühle mich ziemlich desorganisiert und ein bisschen unfähig.

Ich hole mein Fahrrad aus dem Schuppen. Ich muss endlich dem Bauern, von dessen Wiesenrand ich die Mirabellen für meine Marmelade pflücken durfte, das versprochene Glas Marmelade vorbeibringen. Er wohnt ein gutes Stück außerhalb des Dorfes, und ich schiebe den Weg schon eine Weile vor mir her.

Die kleine Radtour hat mir gut getan. Ich sollte wieder anfangen, regelmäßig Rad zu fahren.

Wieder zu Hause, will ich ins Beet. Es ist die letzte Chance, noch einmal Möhren zu säen. Aber im Gewächshaus sieht es verheerend aus. Die Hälfte der Paprika-Pflanzen ist dabei, umzufallen und bei den Tomaten müssen ebenfalls ein paar Pflanzen dringend aufgebunden werden. Ausgeizen ist auch angesagt, und zu Füßen der Pflanzen tummelt sich das Unkraut. Wo kommt das denn schon wieder her? Ich habe doch vor ein paar Wochen alles ausgejätet! Beregnet werden müssen die Beete auch, und so wird es halb neun, bis ich ins Haus gehe, zu Gurkensalat und Honigmelone. Letztere ist ziemlich fad, obwohl sie gut riecht. Ich beschließe, dass es das letzte Jahr mit Melonen war. Die funktionieren einfach nicht bei mir.

Mein Tag endet so, wie er begonnen hat: Mit der Verarbeitung meiner Ernte. Nach dem Abendessen blanchiere ich die Bohnen (900g) und mache aus den Kirschen, die ich am Morgen aus dem Frost genommen habe, Marmelade. Neun Gläser plus eine kleine Schale Schaum. Obwohl im Gelierzucker etwas Öl als Entschäumer enthalten ist, schäumt Kirschmarmelade so stark, dass man den Schaum abschöpfen muss, bevor man sie in Gläser füllt.

Es ist kurz vor Mitternacht, als ich in mein Bett falle. Ich habe den ganzen Tag gearbeitet, aber von all den Arbeiten, die ich mir für heute im Garten vorgenommen habe, nicht mal ein Viertel geschafft. Ich frage mich, woran das liegt. Offensichtlich nehme ich alle möglichen anderen Arbeiten wichtiger als das, was ich mir für den Gartentag vorgenommen habe. Das ist zu einem vielleicht ein Mangel an Fokus, aber vielleicht auch falsche Planung. Man kann parallel zur Gartenarbeit einige Maschinen Wäsche waschen und aufhängen, aber dann sollten die Leinen dafür auch vorher frei sein und man darf sie nicht auch noch legen wollen.
Allerdings gibt es bei einem Nutzgarten auch gewisse Sachzwänge. Wenn Gemüse reif ist, muss es geerntet und verarbeitet werden, egal, ob man eigentlich etwas ganz anderes vor hatte. Denn wenn man mit dem Gemüse wartet, bis man das nächste Mal Zeit hat, ist es in der Regel nicht mehr besonders schön. Also habe ich mir nicht wirklich etwas vorzuwerfen und hoffe nur, dass der nächste Tag im Garten etwas effektiver abläuft.

2 Kommentare

  1. Kann ich nachvollziehen: Ich frage mich auch oft, wo die Zeit geblieben ist… Nun gehöre ich ja zum Team „Kleid“ und habe von Gartenpflege wenig Ahnung. Mir scheinen das aber recht viele Aktivitäten für einen Tag, zumal für einen freien… Vielleicht ist es gar nicht die mangelnde Organisation, sondern einfach zu viel? Ein Freund von mir meinte mal, wenn man alles schafft, was man sich vorgenommen hat, sei man einfach nur unambitioniert. Liebe Grüße Manuela

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    • Das ist aber ein schöner letzter Satz, den merke ich mir! Tatsächlich ist mein Kummer eher, dass ich so viel anderes mache, statt wie vorgenommen, in die Beete zu gehen, und das ist wohl eher eine Frage des Focus.
      Danke für den netten Kommentar, Stefanie

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