Fidele Adele und Weihnachtskleid – Die Ergebnisse der AnNÄHerung 2025

Am heutigen MeMadeMittwoch zeige ich meine Näh-Ergebnisse von der AnNÄHerung 2025 in Bielefeld. Ich habe mein Weihnachtskleid fast beendet und einen echten AnNÄHerungs-Lemming genäht: Die Fidele Adele von Echt Knorke. Allein bei dieser AnNÄHerung wurden drei Stück genäht und eine vierte war bereits fertig dabei.

Ganz ehrlich: Ich hätte es nie für möglich gehalten, einen Schnitt von einem Label, das sich „Echt Knorke“ nennt zu nähen. So ein Name weckt in mir die allerschlimmsten Assoziationen und wirkt auf mich maximal unprofessionell. Wobei „Wear My Lemonade“, „Hansdalli“ oder „Pattydoo“ jetzt auch nicht gerade seriös klingen, und die Liste sich beliebig fortsetzen ließe. Das gilt ebenfalls für die Namen von Schnittmustern, die manchmal einen halb durchgebrannten Zufallsgenerator entsprungen zu sein scheinen.

Ja, und dann durfte ich die F.A. von Sabine auf der AnNÄHerung Süd anprobieren. So regelrecht liebevoll umhüllt habe ich mich noch von keinem Mantel gefühlt. Und weil meine beiden leichten Wintermäntel wirklich fertig sind, war klar: Den brauche ich auch.

Die Fidele Adele ist ein Mantel, der wirklich einfach zu nähen ist, was man ihm aber nicht ansieht, großes Kompliment an die Schnittdesignerin. Das Vorderteil hat diagonale Teilungsnähte, in die eine angeschnittene Nahttasche eingearbeitet wird. Der Schalkragen ist ebenfalls angeschnitten. Geschlossen wird den Mantel mit Druckknöpfen, das und noch ein paar Kleinigkeiten habe ich abgewandelt. Ich habe eine Größe 38 genäht, und an den Ärmeln 2cm Länge zugegeben, das entspricht in etwa meinen Maßen bei Burda. An dieser Stelle bekommt Echt Knorke von mir bereits die ersten Punkte abgezogen: Es wird an keiner Stelle angeben, auf welche Körpermaße sich die Schnittgrößen beziehen, stattdessen gibt es Fertigmaße von den Kleidungsstücken. Das ist zwar ganz nett, aber wenn man keine vergleichbaren Kleidungsstücke hat, steht man damit ziemlich im Wald. Ich hätte lieber eine Angabe, wieviel Mehrweite der Mantel z.b. über der Brust und der Hüfte hat. Ohne den Mantel von Sabine hätte ich meine Größe vermutlich falsch ausgewählt.

Der Stoff für diesen Mantel sollte einigen Stand haben, den Tipp bekam ich von Manuela, mit der ich bei Hüco Stoff shoppen war. Sie hat mich super beraten, möglicherweise hätte ich ohne sie einen blaukarierten Flausch-Sack genäht. Stattdessen habe ich mich für einen veganen Persianer entschieden. Ein plüschiger Stoff ist bei diesem Schnitt ebenfalls eine gute Wahl, denn der Schalkragen wird mit zwei Abnähern geformt, die eigentlich Einschnitte sind, die man als Dreiecke übereinander legt und dann mit einem Zickzack-Stich übernäht. Bei einem Wollvelours wäre das ein echtes No Go! Das führt bei mir ebenfalls zu Punktabzug.

Extrapunkte gibt es hingegen für den separaten, gut gemachten Futterschnitt und die erstklassig erklärten Briefecken am Saum. Die sehen echt sauber aus. Ich habe mich für ein Satinfutter Marke Extraflutsch entschieden und den Mantel obendrein noch mit Meida 50 gefüttert, damit er winddicht wird. Das Meida 50 ist ganz leicht und weich und nicht zu warm. Ich habe es mit dem Futter versteppt. Dadurch konnte ich den Oberstoff gut säumen.
Ursprünglich wollte ich ein mit einer Klimamembran laminiertes Futter verwenden, aber als ich mich nach den Pflegewünschen für dieses Material erkundigt habe, hieß es : „Nicht schleudern“. Einen Plüschmantel nicht schleudern? Der trocknet dann ja ewig und drei Tage nicht! Die Membran wartet also jetzt auf einen Einsatz in einem anderen Kleidungsstück.

Laut Anleitung soll man den Mantel unten von Hand säumen und dann das Futter an den Vorderkanten und am Kragen annähen. Der Futtersaum hängt dann lose, etwas, das ich bei Wintermänteln nicht besonders schätze. Die Vorderkanten des Oberstoffes werden nur vom Futter eingeklappt gehalten, auch das erscheint mir eher windig zu sein, auch wenn der angeschnittene Besatz eine gewisse Fixierung durch die Druckknöpfe erhält.
Ich habe also alle Kanten des Oberstoffes mit einem Blindstich mit der Maschine festgenäht, das geht bei diesem Plüsch ganz wunderbar und dann das Futter ringsherum mit der Nähmaschine festgesteppt. Gewendet wurde alles durch eine Öffnung in der Seitennaht. Beim Futter habe ich obendrein eine 1cm tiefe Bewegungsfalte spendiert, und einen Aufhänger (ist im Schnitt auch nicht vorgesehen) zugefügt.

nur original mit Label, Logo und Aufhänger

Meine Nähmaschine näht wunderbare Knopflöcher, aber mit diesem Stoff ist auch sie an ihre Grenzen gelangt. Ich musste Soluvlies unter- und Avalon Stickfolie drüberlegen, damit der Transport mit dem Stoff klar kam und die Raupe der Knopflöcher nicht im Plüsch verschwand.

Fazit: Die Fidele Adele ist ein einfach zu nähender Mantel, der erfreulich un-simpel aussieht. Die größte Schwierigkeit für ungeübte Näherinnen besteht in den Stoffvolumina und im Stoffgewicht, die zu bewältigen sind. Bei der Verarbeitung ist durchaus Luft nach oben, aber auch wenn man sich an die Anleitung hält und die innere Inge ausbremst, bekommt man einen schönen Mantel. Was ich aber unbedingt machen würde (und noch nachholen muss) ist, die Taschen an beiden Seiten ca. 1- 1,5cm zuzunähen, dann sitzt die vordere Teilungsnaht besser und das Risiko, dass etwas aus den Taschen fällt, ist geringer.

Beim Weihnachtkleid (Burda 10/2016#117) fasse ich mich kurz, der Schnitt wurde bereits von Birgit und Sarah gut besprochen. Birgits Schwarz-Weiß-Rote Version hat mich übrigens erst auf den Schnitt aufmerksam gemacht.

Ich habe auf die Teilungsnaht im Vorderteil verzichtet und auch die merkwürdige Nähanleitung komplett ignoriert. Burda säumt nämlich Vorder- und Rückenteil und näht sie dann erst auf die Seitenteile auf. Man erhält eine Fake-Kappnaht. Dadurch umgeht man natürlich eine ganze Menge Geknödel mit der Nahtzugabe an den Ecken, aber ich finde es eher schluderig. Futter gibt es auch keines und die Besätze vorne und hinten reichen auch nicht bis zur Seitennaht herunter. Sehr merkwürdig, das! Aber das Kleid hat Taschen!
Die Knöpfe, deren Platzierung ich mir bei Birgit abgeguckt habe, haben keinen anderen Zweck, als dekorativ zu sein, und möglicherweise tausche ich sie auch noch gegen ein paar größere Exemplare aus.

Weil ich es schöner finde und mein Wollstoff, eine Spende von meiner Schwester, die sich daraus ein Cape genäht hatte, das ihr aber nicht gefiel, außerdem ein klein wenig kratzig ist, habe ich das Kleid komplett gefüttert, mit einem Futterstoff aus dem Vorrat, das ich mal bei Mark Aurel gekauft habe.

Was aussieht, wie kleine Blümchen, ist in Wirklichkeit ein Mini-Leo-Jaquard, ebenfalls Marke Extraflutsch, aber vor dem Zuschneiden erfolgreich mit einer Extra-Dosis Stärke gebändigt.

Das ist also die Innenansicht, und weil die Hauptarbeit daran in Bielefeld stattgefunden hat, , darf auch hier das Label nicht fehlen.

Darf ich nochmal mit der Rückansicht angeben? Ich war total happy, dass die Karos am Reißverschluss beim ersten Anlauf schon gepasst haben. An den Seitennähten gehen sie dafür ganz leicht auseinander, das liegt allerdings daran, dass dort eine gerade auf eine schräge Kante trifft.

Schnitt: Burda 10/2016#117
Größe 36
Material: locker gewebter Wollstoff und Jaquardfutter aus Taft(?)

Damit verabschiede ich mich zum MMM im Februar.

16 Kommentare

  1. So wie dir mit dem Mantel ging es mir mit der ersten Jeans. Hätte ich nicht die einer Nähfreundin probieren können, hätte ich mir vermutlich bis heute noch keine Jeans genäht. Und die Sache mit den Briefecken beim Futter würde mich auch interessieren. Ich hatte noch keine Anleitung, die das brauchbar erklärt, und habe jedesmal selbst rumprobiert. Dein Futter sieht jedenfalls sehr gut aus. Der Mantel natürlich auch 🙂

    Und auf das Weihnachtskleid habe ich schon gewartet. Sehr schön ist das geworden, Unzulänglichkeiten der Burda-Anleitung sieht man ihm jedenfalls nicht an.

    Liebe Grüße, heike

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    • Vielen Dank. Für eine Briefecke habe ich ein Tutorial gemacht, das findest Du in der (schlecht gepflegten) Rubrik „Tipps und Tricks“, die ich endlich wieder unter meinem Header angeheftet habe.
      Liebe Grüße, Stefanie

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  2. Der Mantel hat wirklich etwas von einem Kokon zum Einkuscheln, und die Farbe ist auch prima. Gut kombinierbar und nicht so dominant, dass man vom Schnitt nichts mehr sehen würde. Beere wäre to much gewesen… Mein Liebling ist heute aber das Kleid. Mit Karo, Leo und Recycling hat es Vivienne Westwood Vibes! Liebe Grüße Manuela

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  3. danke für die ausführliche Schnittbesprechung. Der Mantel steht schon länger auf meiner Liste, ich warte noch auf einen schönen Stoff.

    Was die Namen der Schnittmuster angeht, sprichst du mir aus der Seele.

    LG Bella

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  4. So eine tolle Schnittmusterbesprechung, vielen herzlichen Dank. Bislang habe ich noch keine Kritik zu Echtknorkes SM gelesen und fand es wohl deshalb interessant und nachvollziehbar. Ich habe noch keine SM von ihr umgesetzt und würde wohl so auf dem Schlauch stehen. Insgesamt ein sehr schöner Mantel, mit feinen eigenen Ergänzungen.

    Und dann das Kleid: Ich habe sofort an mein Latzkleid gedacht und tatsächlich, ich bin ja sogar verlinkt 🙂 Dankeschön auch dafür.

    Es sieht ganz wunderbar aus. So toll auf Muster genäht, sehr, sehr schön.

    LG Birgit

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    • Die Anleitung ist tatsächlich sehr gut, ich nörgele auf hohem Niveau, weil ich ein etwas besseres Finish haben will. Du kämst vollkommen ohne Probleme zurecht. Was ich an dem Schnittmuster bewundere ist, dass der Schnitt (verglichen mit Burda) echt simpel ist und dabei ein so ansehnliches Ergebnis liefert.
      Was das Latzkleid angeht: Da war Deines ja meine Inspirationsquelle und die Verteilung der Knöpfe habe ich auch bei Dir kopiert. Da gehört es sich ja, dass ich Dich verlinke, finde ich. Reicht bei dir die Saumweite eigentlich für Wiener Walzer ?
      Bei den Karos bin ich tatsächlich auch echt glücklich, dass die so ordentlich zusammenpassen. Irgendwie finde ich, wenn es nicht auf Anhieb klappt, bekommt man es oft gar nicht richtig hin, besonders bei nahtverdeckten Reißverschlüssen. Danke für Dein Kompliment, vom Profi freut es mich besonders.
      Liebe Grüße, Stefanie

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  5. Sehr nützliche und interessante Schnittbesprechungen. Vielen Dank dafür. Auch die Verlinkungen habe ich mir angesehen. Ich kannte beide Kleiderartikel schon, hatte sie aber vergessen. Das ist wirklich ein sehr schönes Kleid. Die Konstruktion finde ich bei Burda leider oft miserabel und herzlos.

    Die Schnitte von echt knorke finde ich so, wie du den Namen findest. Aber deine Umsetzung und Beschreibung vom Tragegefühl lässt es mich vielleicht nochmal überdenken. Den Firmennamen mag ich als Berlinerin aber sehr gerne und finde ihn für deren Stil auch passend. Immerhin machen die ja keine Festmode, sondern eher schlabberige Freizeitkleidung.

    LG Silke

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    • Was die Konstruktion von Burda angeht, stimme ich Dir bei den Schnittmustern aus diesem Jahrtausend zu. Früher wurde mehr Wert auf ein schönes Inneres der Kleidung gelegt. Ich finde das sehr bedauerlich, selbestgenähte Kleidung sollte sich schon von der Fast Fashion abheben finde ich. Die Schnitte sind oft handwerklich nicht gerade anspruchslos, das passt dann nicht zusammen.
      Es stimmt, Echt Knorke (ja, beim Berlinern finde ich den Ausdruck tatsächlich charmant), hat eher Freizeitschnitte im Programm, aber es gibt einige wirklich gut gemachte Teile dabei. Zum Beispiel das Raglan-Shirt, bei dem die Ärmelnähte so konstruiert sind. dass man Streifen perfekt aufeinander treffen lassen kann. Das habe ich bislang eher selten gesehen. Auch der Blazer dürfte aus z.B. einem Wollköper mit etwas Stretch richtig schick aussehen, müsste dann aber gefüttert werden. Mich stört allerdings, dass sie keine A0-Dateien versendet, sondern für einen Plot wohl einen Deal mit einer Plotterei hat, die einen dann nochmals kräftig zur Kasse bittet.
      Liebe Grüße, Stefanie

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  6. Der Mantel sieht toll aus an dir – ebenso dein Weihnachtskleid.

    Echt knorke mag zwar ein lustiger Name sein, aber ich finde die Schnitte von Bine dafür sehr überzeugend. Die Anleitungen haben etwas Luft nach oben, aber die Modelle sind immer lässig, cool und fallen etwas aus dem Einheitsbrei heraus.

    LG Miriam

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