MMM: Le 906 von dp Studio Schnittbesprechung

Das ist Le 906,  die „Robe fourreau à plis couchés“, zu Deutsch: „Etuie-Kleid mit Kellerfalten“ von dp Studio.

dp Studio ist eine französische Schnittmusterfirma mit ausgesprochen extravaganten Schnitten. Bei der Schnittmustersammlung zum Weihnachtskleid bin ich auf diese Firma und speziell auf diesen Schnitt aufmerksam geworden und habe ihn mir sofort zu Weihnachten schenken lassen.

So sieht das Kleid auf der Seite von dp Studio aus. Ich war begeistert. Ein edeles, schmales Kleid, in dn ich hoffte, genauso zart auszusehen, wie das Model. Beim genaueren Hinsehen fällt jedoch auf, dass das Oberteil eher blusig ist und dem ganzen einen leicht sportlichen Touch gibt.

Der Schnitt kommt in einer Pappschachtel, ungefähr A4 und 2cm dick. Weder auf dem Umschlag noch auf den Anleitungen ist ein Foto des Modells, es gibt nur eine Konstruktionszeichnung. Der Schnitt selber ist auf festem weißen Papier von ca. 80g/m^2 gedruckt. Die Anleitung ist bebildert und auf französisch und englisch. Mein Näh-Englisch ist nicht so toll, aber ich glaube, die Übersetzung ist etwas holprig. Auf dem Cover der Verpackung ist ein Schwierigkeitsgrad 1/3 angegeben, auf der Webseite und der Anleitung steht der tatsächliche Grad 3/3. Diese Einschätzung ist absolut korrekt, es ist kein Kleid für einen Nähanfänger.

Der Text in der Anleitung ist dürftig, ein paar Schritte fehlen, allerdings helfen die Zeichnungen, auf denen mit Pfeilen gezeigt wird, welches Teil wo zusammengenäht werden soll. Ich hätte mir eine Numerierung der Nähschritte an den Pfeilen gewünscht.

Die Verarbeitung des Ärmels ist das schwierigste am ganzen Kleid, hat man das erst einmal geschaff, ist der Rest einfach. Da im Schnitt 1cm Nahtzugabe enthalten ist, passen alle Teile gut zusammen und bei Rundungen gibt es Passzeichen.

Als Stoff wird ein Material dass „fluide ou un peu sec“, auf Englisch „fluid or dry-handle“ ist, empfohlen. Mit „fließend“ kann ich ja etwas anfangen, aber was ist bitte ein „trockener“ Stoff? Auch die Auflistung weiter unten: Azetat, Acryl, Shantung, Chinz, Baumwolle, Crepe de Chine, Spitze, Flanell, Microfaser, Nylon, Seide, Satin oder Viscose ist nur mäßig hilfreich.

Ich wollte, weil Winterkleid, einen weichen, dünnen Wollkrepp haben, den es natürlich bei uns nicht gab. Nina (Kleidermanie) hatte mich schon vorgewarnt, dass auf der Schulter 6 (!) Lagen Stoff übereinander treffen und einen Stoff, in den haltbare Falten zu bügeln sind, empfohlen. Ich habe einen Wolle/Polyester-Stetch-Gabardine verwendet. Dieser Stoff ist für den Schnitt ungeeignet, obwohl er sehr schön fällt und auch bei den 6 Lagen nicht zu dick ist hat er eindeutig zu viel Stand.

Schon beim ersten Anprobieren war klar, dass die Falten sich ganz unbotmäßig aufblähen. Ich habe also die Faltentiefe gleich in der Mitte längs zugenäht. Auf den Bildern oben seht Ihr das Kleid nach dieser Änderung. Wenn man alles zurechtzupft und sich nicht mehr bewegt, sieht es auch gut aus. Wenn man aber die Arme hebt, kommt so etwas heraus:

Quasi ein Bomber-Oberteil mit engem Rock. 12 x memade Februar (4)

Das Kleid hat einen eigenen Futterschnitt für das Oberteil, der es möglicherweise etwas zusammenhalten soll. Ich habe die Falten auf Höhe der Längsnaht, mit der ich sie schon verkleinert hatte, am Futter festgenäht, jetzt bläht sich das Oberteil nicht mehr so auf, dafür sind die Querfalten am Seitenteil noch mehr geworden.

Das Kleid ist nicht unbedingt so elegant, wie ich es erhofft habe, aber daür erstaunlich bequem, was am Elasthan-Anteil und dem Stetch-Futter liegen mag.

Was habe ich noch geändert an dem Kleid?

Ich habe das Oberteil um 1,5 cm verlängert, die Durchschnitts-Französin ist etwas kleiner als ich. Genäht habe ich eine Größe 40, das entspricht meinen Maßen auf dem Umschlag und passt. Den Rock habe ich um 3cm verkürzt, die Ärmel um 2 cm verlängert, letzteres muss ich allerdings bei jedem Schnittmusterhersteller. Beim Ärmel habe ich unten den Schlitz nicht mit Knöpfen und Schlingen geschlossen, ich habe Angst, das sie dann zu unbeweglich werden. Sie sind recht eng ab dem Ellenbogen, sollte ich den Schnitt noch einmal aus unelastischem Material nähen, werde ich sie auf jeden Fall um 2cm erweitern.

Außerdem habe ich den Rock gefüttert und die Ärmel von Hand gesäumt, die Anleitung sieht da eine Steppnaht vor, das geht gar nicht!

12 x memade Februar 2 (16)

Schnitt: Le 906 von dp Studio

Größe: 40 (frz)

Material: Stretch-Gabardine aus Wolle , Polyester und Elasthan

Futter: Stretchfutter

Verbrauch: 60cm weniger, als angegeben

Würde ich das Kleid noch einmal nähen?

Wenn überhaupt, dann nur aus einem leichten, weichfallenden Viskose-Krepp ohne Stand oder ähnlichem.

Was würde ich noch ändern: Ich würde eventuell das Oberteil und das Futter in den Nahtrillen der Seitennähte zusammennähen, damit die Falten nicht so sehr stark aufspringen können.

Damit geht es zurück zum MeMadeMittwoch.

 

7 Kommentare

  1. Ach Mann, euphorische Begeisterung klingt anders. Und ich kann es verstehen, ist es doch kein ganz unaufwendiges Projekt. Aber ich würde dem Schnitt wirklich mit einem anderen Stoff (vielleicht ist „mit trockenem Griff“ gemeint, wie bei einem Crêpe?) noch eine Chance geben. Die Silhouette steht dir nämlich.
    LG, Bele

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    • Vielen Dank für Deine lieben Worte.
      Wenn ich ehrlich bin, war ich einfach nur enttäuscht, dass das Kleid nicht meiner Vorstellung davon entspricht, wie es hätte aussehen sollen. Objektiv gesehen ist es hübsch, sehr bequem und gefällt mir auch. Ich werde es bestimmt noch einmal nähen und dann lasse ich mir beim Stoffkauf Zeit und suche ein optimal geeignetes Material.
      LG, Stefanie

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  2. Die Bedenken, die du anführst, verstehe ich natürlich, aber so schlimm sieht es gar nicht aus, denn man schaut hauptsächlich auf die großen glatten Flächen. Die Stoffwahl spielt eine große Rolle, das zeigt dein Erfahrungsbericht ganz deutlich. Aber auch bei Seide oder Satin bleibt es blousonartig im Rücken, das muss einem klar sein, wenn es auch schöner fällt. Wegen der gewünschten Blusigkeit dachte ich zuerst an Popeline, aber das stelle ich mir schwierig vor, denn das Material sollte nicht unbedingt gebügelt werden müssen. Ich sage auch, gib dem Kleid noch eine Chance, denn du hast es bereits perfekt angepasst! Regina

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    • Wie ich schon zu Bele schrieb, ist es ja nicht so, dass ich das Kleid häßlich finde oder so. Es ist halt immer das Problem, wenn man eine feste Vorstellung von einem Kleid, oder, noch viel schlimmer, von sich selber in einem bstimmten Kleid hat. Die Enttäuschung ist dann groß. Wenn man aber versucht, objektiv zu sein, stellt man fest, dass alles nicht so dramatisch ist!
      Viele Grüße, Stefanie

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  3. Ich finde dein Kleid sehr elegant. Zuerst hatte ich nur die Fotos angeschaut und war begeistert. Jetzt, nach Lesen deines Textes, kann ich nachvollziehen, was dich stört. Insgesamt bleibe ich aber dabei: Das Kleid sieht an dir wirklich gut aus.

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    • Vielen Dank. Jetzt, da ich mich von meinen (Zwangs-) Vorstellungen frei gemacht habe, wie das Kleid an mir aussehen soll, gefällt es mir auch gut. Allerdings ist es durch meine Änderungen auch deutlich weniger „blousonmäßig“ im Oberteil.
      Ich werde es noch einmal als Sommervariante nähen aus einem leichteren Stoff, mal sehen, wie das dann wird.
      Viele Grüße, Stefanie

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