Wir bauens uns ein Gewächshaus oder Alle meine Baustellen 2

Draußen zieht der April seine Wettershow ab. Im Moment folgt Regen auf Regen, genau das richtige Wetter, um über den Garten zu berichten. Wenn ich schon nicht draußen arbeiten kann, kann ich wenigstens darüber schreiben.

Alle, die auch nur aus dem Fenster nach draußen schauen können, sind herzlich dazu eingeladen, mir über die Schulter zu schauen. Also: Tee und Kekse holen und gemütlich zurücklehnen.Baumhausdach

Nachdem das Baumhausdach ja so zufriedenstellend vor dem einzigen Schnee dieses Winters fertig geworden ist, arbeite ich an einem neuen Projekt.
Monatelang habe ich meinem Mann wegen eines Gewächshauses die Ohren vollgequengelt, bis er dann schleißlich entnervt aufgab: „Dann kauf‘ Dir halt eins!“
Eine Recherche im Internet ergab, dass das Traum-Gewächshaus unser Budget mehr als nur sprengt. Das bezahlbare Modell aus dem örtlicchen Baumarkt war so niedrig, dass ich den Kopf einziehen musste, hatte eine sehr bescheidene Grundfläche und wackelte wie ein Lämmerschwanz. Es ist klar, worauf das ganze herauslaufen musste: Selbstbau.
Wieder im großen, weiten Netz gesucht, war ein fabelhafter Bauplan auch recht schnell gefunden. Der schicke amerikanische Bauplan zeigt ein Holzhaus mit doppeltem Pultdach und einer beweglichen Fensterreihe dazwischen. Beim näheren hingucken hatte das Ganze ein paar Mängel: Anstelle eines Fundaments verwenden die Planer einen Rahmen aus 10x10cm Balken, die auf der Erde aufliegen und nur durch ein paar angeschraubten, schwertähnlichen Latten im Boden verankert sind. Genau die Sorte Konstruktion, die beim ersten Stürmchen davonfliegt. Hier im alten Europa bauen wir natürlich für alle Ewigkeit, also hat meine Konstruktion einbetonierte Punktfundamente und keinen Bodenkontakt der Holzelemente.
Zu allererst wurde das Holz dreimal mit Holzschutzlasur gestrichen und dann durfte alles erst einmal den Winter über liegen bleiben.
Vor vier Wochen haben wir dann angefangen mit dem Bauen.BaugrundQueckenwurzeln

Zuerst durfte ich den Boden vorbereiten und den Rhabarber umsiedeln. (Er hat überlebt und treibt inzwischen auch wieder aus). Die Ecke, die für das Gewächshaus vorgesehen ist, habe ich im letzten Jahr dem Unkraut sich selbst überlassen (der Fachmann nennt das „Brache“). Es ist unfassbar, wie viele Queckenwurzeln sich innerhalb eines Jahres auf einem derart kleine Stück ansammeln können!

 

 

Dann haben wir die Fundamente gebaut. Ein Freund hatte uns empfohlen, Stücke von Stahlrohr in Löcher zu stellen, sie auszurichten auf die gleiche Höhe, die Löcher dann rings herum mit Beton zu füllen und am Ende die Pfostenanker in die Rohre einzubetonieren. Dadurch sind dann alle Pfostenanker in derselben Höhe und die Basis des Gewächshauses ist waagerecht.

Fertige Punktfundamente

Um es kurz zu machen: 9 Rohrabschnitte von ca. 60cm Länge an die Eckpunkte und die Seitenmittelpunkte eines wirklich rechtwinkligen Rechtecks auf die selbe Höhe zu bringen, erfordert nicht nur ein Wochenende Geduld, sondern vor allem solide Geometrie-Kenntnisse. Dabei ist es durchaus von Nutzen, wenn man sich an den ollen Pytagoras und seine Dreieck-Rechenregeln erinnert. Nach erfolgten Bauarbeiten konnte ich das meine Kindern auch gar nicht lange genug vorhalten. So sieht der Bauplatz also mittlerweile aus:Fundament ist fertig
Natürlich musste dann noch das Holz zugeschnitten werden. Die verwendeten Leisten haben eine Länge von 5 Metern. Dummerweise habe ich bei der Holzberechnung 5 Meter zu wenig berechnet. Klugerweise ist mir das bei der Bestellung aufgefallen. Dummerweise habe ich das nicht sofort notiert. Und fatalerweise habe ich dann, als die Holzlieferung nach „Holz für das Gewächshaus“ und „Holz für den Carport“ aufgeteilt wurde, die herrenlosen Leiste nicht für mich beansprucht und stand auf einmal mit einer Leiste zu wenig da! Eine einzelne Leiste bestellt man nicht nach. Zum Glück hatte ich noch von meinem alten „Gewächshaus-Schrank“ vier Holzpfosten übrig, die ich verwenden konnte.
Das Gewächshaus wird in Modul-Bauweise errichtet: Auf die Basis werden erst die Rahmen für die Seitenwände geschraubt (die Amis machen das mit Nägeln, ich werde Schwerlastwinkel und Flachverbinder verwenden. Im gut sortierten Baumarkt finden sich Broschüren, die eine erstaunliche Vielfalt an Bauteilen für den Hobby-Zimmermann zeigen, die ein hoffentlich Hurrikane-sicheres Resultat garantieren werden). Wenn die Seitenwände stehen, werden die vorher zusammengeschraubten Dachsparren aufgesetzt, dann werden die Türöffnungen in die Giebelwände gesetzt und das Ganze wird am Dach noch mit diagonal aufzuschraubenden Bandeisen ausgesteift. (klingt das nicht beeindruckend? Was man nicht alles für tolle Wörter bei der regelmäßigen Lektüre von DIY-Zeitschriften lernt!)
Bevor man solche Dachsparren zusammenschraubt, muss man sie erst zusägen. Profis und ambitionierte Heimwerker haben für so etwas eine elektrische Kapp- und Gehrungssäge. Ich bin zwar ambitioniert, aber so etwas gibt es bei mir nicht, also arbeite ich auf die altmodische Art mit der Feinsäge und Armschmalz. Beim Kauf einer guten Säge darf man übrigens nicht geizig sein. Es lohnt sich, wenig, aber dafür gutes Werkzeug zu haben, sonst hat man echt keine Freude an der Arbeit. Das fängt schon mit Schraubzwingen an. Wer die Billigangebote neben der Baumarkt-Kasse kauft, darf sich nicht wundern, wenn sie ständig wieder aufgehen. Wieso ich hier von Schraubzwingen anfange? Nun ja, die Dachsparren werden am einen Ende in einem Winkel von 60° und am anderen Ende in einem Winkel von 30° abgeschnitten. Um einen sauberen, senkrechten Schnitt zu erhalten, schraube ich zwei Vierkanthölzer rechts und links von der markierten Schnittlinie auf meine Leiste = fertig ist die Führungsschiene für die Säge.Gehrungssägen
Die Holzteile durften dann noch alle mit der Schnittkante in ein Bad aus Rapsöl, um sich so richtig vollzusaugen und wetterfest zu werden.Schnittkanten ölen2  In der amerikanischen Anleitung wird das Häuschen dann mit Folie bespannt, was eine Lebensdauer von ungefähr 4-6 Jahren hat und jede Menge dünne Holzleisten zum Aufnageln erfordert. Wir haben uns für die Eindeckung mit Wellplatten entschieden. Daher braucht unsere Konstruktion noch zusätzlich fünf Querlatten auf dem Dach und je eine Latte in den Seitenwänden. Diese Latten werden in die Dachsparren versenkt, und dazu müssen diese ausgeklinkt werden. Für das Ausklinken macht man zwei senkrechte Schnitte in die Leiste (und einen dritten in der Mitte, damit das Holz besser herausgeht) und stemmt dazwischen mit dem Stechbeitel und dem Hammer das Holz weg. Das klingt jetzt ziemlich einfach, in der Realität hat das Holz aber oft eine recht eigenwillige Maserung und bricht oft ganz anders weg, als ich das gerne hätte. Ich stemme also nur einen Teil des Holzes weg und arbeite dann mit Raspel und Feile nach. Und wenn ich sauber gearbeitet habe, sieht das Ergebnis dann so aus:
Leider ist diese Sägerei und das Nacharbeiten echte Muskelquälerei, besonders, wenn die Werkbank nur 75cm hoch ist. Ich hatte davon einen derartigen Muskelkater zwischen den Schulterblättern, dass ich nachts weder auf dem Rücken liegen noch schlafen, noch tief atmen konnte. (könnte sich natürlich auch um einen Herzinfarkt gehandelt haben, ein Freund (Arzt) hat mich erst neulich subtil darauf hingewiesen, dass ich mittlerweile zur Risiko-Altersgruppe gehöre). Da eine kleine Rückenmassage mit Kräuterbalsam durch meinen Mann die Beschwerden verbessert hat, war es wohl doch nur Muskelkater. Merke: Wer sägen will, sollte Arnica D6, Kräuterbalsam und einen massierwilligen Partner zur Hand haben.
Wenn alle diese Vorarbeiten erledigt sind, kann man an das eigentliche Zusammenbauen der Rahmen gehen. Dazu bringt man alles Holz zur Terrasse, (Menschen mit Golfrasen, der regelmäßig planiert und gewalzt wird, können das natürlich auch auf dem Rasen zusammenbauen), um alles auszulegen und zusammenzuschrauben. Ein bisschen hat das was von einem ausgepackten IKEA-Möbel: Ich stelle vor „Gürk“ das Gewächshaus.

Wir haben die Holzteile stumpf mit Winkeleisen zusammengeschraubt – die Amis in der Anleitung nageln nur. Ich frage mich, wie man die doch recht schweren Seitenteile wohl zum Bauplatz zurücktragen will, Nägel dürften da wohl wieder herausrutschen. Die Dachteile habe ich mit Flacheisen zusammengeschraubt und ganz ehrlich: Es ist ein richtig tolles Gefühl, wenn die Hölzer, die man berechnet und zugesägt hat, auch genauso zusammenpassen, wie es geplant war! Jetzt regnet es seit Tagen, daher liegen die zusammengeschraubten Einzelteile im Garten herum (und verziehen sich hoffentlich nicht!) Zum Wochenende erwarte ich besseres Wetter, dann können wir hoffentlich unser Gürk aufstellen. Morgen schneide ich noch die Diagonalverstrebungen für die Giebelseiten zu, Türstürze und Türpfosten habe ich schon. Dann fehlen nur noch die Fenster. Eventuell können wir auch schon die PU-Platten aufschrauben, mal sehen, ich werde berichten.

2 Kommentare

  1. Was für eine grandiose Bauanleitung! Die merke ich mir, die Tochter hält grade Ausschau nach einem Schrebergarten.
    Eine Bemerkung zum Well-PU hätte ich noch. Wenn sich das Material nicht in den letzten 30 Jahren sehr verändert hat, dann taugt das wahrscheinlich fürs Gewächshaus auch nur 6-7 Jahre. Beim Altern wird das Material lichtundurchlässiger und der Ertrag und Gedeih daher geringer.
    In meinem ersten Leben war ich kurze Zeit Gärtnerin und habe in solchen halbverschatteten Häusern gearbeitet, wir witzelten, dass sie höchstens noch für Champignons taugten.
    Aber Folie wäre mir auch zu fipsig.

    Like

Deine Meinung interessiert mich

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..