Heute bin ich etwas zu spät dran. Bei dem ersten Schnee, der zu räumen ist, klappt das Familientiming nicht immer ganz perfekt. Hier also die Fortsetzung der Geschichte:
4.Dezember
„Ihr glaubt nicht, was wir heute Nacht bei der Streife erlebt haben!“, sagte Bernd Steinberg am Frühstückstisch. Die Familie frühstückte immer gemeinsam, wenn er von der Nachtschicht zurückkam. Wenn dann die Kinder zur Schule und seine Frau Kathrin zur Arbeit gingen, hatte er Ruhe, um den fehlenden Schlaf nachzuholen.
„Na, nun sag schon!“, sagte sein Sohn Markus. Er schaufelte gerade Müsli in eine Schale. Seine kleine Schwester Lisa beschmierte gerade sich und ein Brot mit Schokoladencreme. Bernd stand auf und holte einen frischen Lappen aus der Spüle. Dann nahm er seine Tochter das Brot und das Messer weg und wischte die Schokolade ab.
„Jetzt mach es doch nicht so spannend!“, beschwerte sich seine Frau.
„Wir haben heute Nacht den Weihnachtsmann festgenommen!“
Bernd schaute sich am Tisch um. Die Reaktion seiner Familie war sehr befriedigend. Lisas gut gefüllte Mund stand offen, Markus’ Löffel mit Müsli war irgendwo zwischen Schale und Mund stehen geblieben, und Kathrin hatte sich an ihrem Kaffee verschluckt. Nachdem er seiner Frau kräftig auf den Rücken geklopft hatte, sagte er: „Esst weiter, sonst kommt ihr zu spät. Ich erzähle Euch dabei die ganze Geschichte.“
„Hast Du den Weihnachtsmann gesehen? In echt?“, wollte Lisa wissen.
Kathrin sah ihren Mann drohend an. Sag jetzt bloß nichts Falsches, bedeutete dieser Blick. Bernd nickte unauffällig.
„Ich glaube nicht, dass es der echte Weihnachtsmann war“, antwortete er. „Wir haben einen alten Mann entdeckt, der an einem Haus herunterkletterte. Als wir ihn fragten, was er da machte und wer er sei, behauptete er doch tatsächlich, er habe einen Wunschzettel von einem Fensterbrett geholt und er sei der Weihnachtsmann. Zugegeben, er sah schon so aus, wie man sich den Weihnachtsmann vorstellt, mittelgroß, ein bisschen dick, aber nicht sehr, und mit einem langen weißen Bart.“
„Also doch der Weihnachtsmann!“, rief Lisa.
„Nein, Schätzchen, das war nur ein verwirrter alter Mann.“
„Aber wenn er es doch gesagt hat!“
„Weißt du, Lisa, ich denke, dass der Mann geglaubt hat, dass er der Weihnachtsmann ist. Er hatte nicht getrunken oder so, darum denke ich, dass er ein bisschen verwirrt war.“
„Was habt ihr mit ihm gemacht?“, wollte Kathrin wissen.
„Wir haben ihn mit auf die Wache genommen und erst mal in eine Ausnüchterungszelle gesteckt. Im Moment ist wahrscheinlich der Polizeiarzt bei ihm und sieht ihn sich an.“
„Irgendwie ist das aber schon merkwürdig“, sagte Markus jetzt. „Ich meine, wie kommt ein Fassadenkletterer auf die Idee, sich als Weihnachtsmann auszugeben?“
„Ja, zumindest ist es die originellste Ausrede, die wir jemals gehört haben!“, sagte Bernd lachend.
Plötzlich durchzuckte Markus ein Gedanke. Was wäre, wenn es gar keine Ausrede war und Papa den echten Weihnachtmann festgenommen hat?